Südküste Kretas

13. bis 31. Januar 2018:

Immer noch in der Gegend um Plakias warten wir einmal wieder. Auf was? Natürlich auf ein Paket aus Deutschland. Diesmal eine neue Reifendrucküberwachung. Die alte flog im Sturzflug aus dem Wombat und zerschellte am Boden.

Verhandlungen, Nachfragen, Zusicherungen mit, bei, vom Paketzusteller: nicht von Erfolg gekrönt. Wir beschließen irgendwann, einmal quer über die Insel nach Rethymno zu fahren um das Paket selbst abzuholen.

Das gestalten wir als Ausflug mit Besichtigung der Kortaliotis Schlucht, durch welche unsere Strecke führt…

…. und einem Bummel durch die Altstadt Rethymnos:

Das venezianische Kastell:

Es geht weiter nach Süd-Osten.
Oben in den Bergen das gruseligste Regenwetter. Wir übernachten in einem Bergdorf mit pustender Heizung und es ist einer der wenigen Tage, an denen Mütze und Winterjacke zum Einsatz kommen. Die Fahrt Richtung Küste am nächsten Morgen atemberaubend: Die Wolkendecke bricht auf und es gibt kaum eine Stelle auf unserer Strecke, an der wir keinen Regenbogen sehen.

Am Meer angekommen scheint die Sonne wieder. In Agia Galini stehen wir einmal ganz anders: Im Hafen zwischen bunten Fischerbooten und Netzen. Ganz unkompliziert. Ein paar Einheimische, nur ganz wenig Touristen. Die Hunde inspizieren das Hafengelände und wie immer wird überall neugierig „Hallo“ gesagt.

Wir lernen Katja kennen, welche schon länger hier auf Kreta lebt und arbeitet. Das passt mal wieder: Wir verstehen uns auf Anhieb super und zusammen mit ihrer Hündin Bella, der absoluten Ziegenexpertin, machen wir tolle Ausflüge und Wanderungen in der nächsten Zeit.

Am Komos Beach kurz vor Matala bleiben wir zwei Nächte. Mal wieder ein traumhafter Strand:

Unser Stellplatz:
Direkt neben den Ausgrabungen eines antiken Hafens.

Dann gibt es hier um die Ecke noch Matala, einen der berühmtesten Orte Kretas. Das legendäre Hippie-Dorf mit Hippie-Beach und Hippie-Höhlen. Wie meistens gefällt uns das, was so berühmt ist und angepriesen wird weniger. Wir machen lediglich eine Fahrradtour dort hin.

In der Saison marschieren die Touristen wohl im Gänsemarsch zu den Wohnhöhlen, ausgeschildert als  römische Nekropole. Wir stehen nur davor. Das Areal ist abgesperrt und das Kassenhäuschen geschlossen.

Man warnte uns schon vor: Ein Winter auf Kreta kann stürmisch werden. Und selbst als windliebende Wassersportler stellt sich bei uns beiden oftmals eine gewisse Gereiztheit ein.
Hier am Komos Beach flüchten wir schließlich vor dem ständigen Tosen des Libyschen Meeres und dem Heulen des Windes über unser Dach. Der Sturm rüttelt an uns, dass die Tassen klappern und wir beschließen, irgendwo einen Platz in Lee zu suchen.

Der Tipp eines Nachbarn im roten Sprinter, ebenfalls ein Schluchtenmulch: Die Agio Farango Schlucht ganz um die Ecke.

Die Warnung Katjas: Dort herrscht Ziegenalarm!

„So schlimm wird’s nicht sein“, denken wir und machen uns auf den Weg. Ziegen wie Schmeißfliegen! Wir kommen nicht zum Fotografieren geschweige denn zum Gucken und Bestaunen der Schlucht auf Grund erbärmlicher Leinenführigkeit und Gezerre auf dem Weg durch das Gemeckere und Geblöke der Huftiere.

Übernachtet wird in Kali Limnes. Und hiermit machen wir den für uns persönlich hässlichsten Platz Kretas ausfindig. Zwei riesige Tanksilos im Meer vor dem Hafen und das ganze Dorf recht baufällig und verrottet. ABER: Wir stehen auf der windabgewandten Seite! Nichts klappert und braust, wir schlafen herrlich ruhig.

An ein Foto denkt hier keiner von uns.

Es ist Mitte Januar geworden. Die Griechen sitzen mit Schal und Mütze hinter ihrer Kasse im Mini Market und bestätigen, dass dies der Gipfel des abscheulichen Winter Wetters wäre. Für uns ist es hier so wie in einem „guten“ April in Deutschland. Allerdings zähle man manchmal acht Windstärken dazu. Kein Tag ist wie der andere. Nach zwei Tagen Sturm werden wir oft mit Kaiserwetter beglückt.

Nach den stürmischen Tagen landen wir in Zaros an der Südseite des Psiloritis, Kretas höchstem Gipfel. Und nutzen sofort das kaiserliche Wetter: Bei strahlend blauem Himmel geht es mit Katja und den drei Hunden hinauf in die Rouwas Schlucht. Ob es das Wetter ist? Die tolle Begleitung? Die Schlucht an sich? Hier hoch zu laufen ist einfach herrlich…


Kurz vor der Heimkehr leuchten die Berge:

Wir freuen uns: Weil es so schön war, steht Katja am nächsten Tag wieder vor unserer Türe.

Und es geht weiter in Wanderschuhen durch Klöster und Olivenhaine:

Das schlechte Gewissen bezüglich unserer Einstellung gegenüber ausgebuddelten Steinen und unseres fehlenden archäologischen Sachverstandes treibt uns auf dem Weg Richtung Süd-Osten nach Gortys:

Man glaubt es kaum: 200000 Menschen haben hier einmal gelebt und die Römer machten Gortys 67 v. Chr. zur Hauptstadt Kretas.

Achim schlendert mit und kommentiert mehrfach: „Toll!“

 

Ein Naturerlebnis für Allradler zum Tripiti Beach:

Achims Herz hüpft vor Freude: Eine traumhafte Strecke für 4×4! Abenteuerlich geht es über Vassiliki Richtung Meer. Herrliche Ausblicke und Felsformationen!

Und da kommen wir an, kurz vor dem Meer an dieser Stelle:

Ich zweifle. Achim inspiziert das Nadelöhr ……

Passt! Und wir landen am Tripiti Beach:

Von Ziegen zum Pfau ist alles vertreten an frei laufendem Viech Zeug. Es erinnert dort an einen Streichelzoo. Alles stürmt aus seiner Ecke auf uns zu. Ob Huf, Pfote oder Kralle, alle wollen sie unseren Hunden „Hallo“ sagen aus nächster Nähe, Nase an Nase. Die beiden Jagdhunde an der Leine völlig überfordert. Ich habe Schweißperlen auf der Stirn.
In der Taverne am Strand „verbabbeln“ wir uns mit der Familie. Auf der Weiterfahrt wird es dunkel, das Gelände steiler und unwegsamer, es fängst an zu regnen und das nörgelnde Weib im Auto fordert einen sofortigen Stopp. Das Wombat kriecht gerade irgendeinen Berg hinauf, der Ehemann hält an und wir nächtigen in einer Kehre. Da steht man gerade.

Bei strahlendem Sonnenschein am nächsten Morgen staunen wir, wo wir gelandet sind. Wahrscheinlich auch die vielen Pick-Up-Fahrer, welche am frühen Morgen diese Straße benutzen und an uns vorbei fahren. „Wo die Touristen überall nächtigen…..“

Weiter geht es ein kleines Stück Richtung  Westen. Die Strecke ist nicht umsonst grün markiert in der Karte:

Oberhalb des Trachoula Beach kommen wir zum Stehen.

Tausend Ziegen um uns herum, ein herrlicher Ausblick und vor der „Haustüre“ der Beginn eines Pfades durch die Schlucht zum Strand. Nur ganz kurz. Da läuft auch Achim gerne mit!

Stundenlang könnte man dort sitzen und den Wellen zuschauen und -hören.

So sieht das Ganze von oben aus:

Wombat entdeckt?

Mit einer unglaublichen geometrischen Präzision sind an den Stränden manchmal Künstler am Werk. Labyrinthe oder Sterne, gestaltet aus Kieselsteinen auf Sand. Hier entdeckt?

Ein Labyrinth fasziniert. Treffen wir auf ein solches wird man magisch angezogen, es zu betreten. Es gleicht einer spirituellen Übung: Ein uraltes Symbol für den Lebensweg. Es gibt nur eine vorgegebene Richtung, über Wendungen und Umkehrungen zum Mittelpunkt zu gelangen. Den gleichen Weg geht man zurück, wieder zum Ausgang des Labyrinths.

Wir zitieren:

„Das Labyrinth spricht zu uns, dass das Leben nicht gradlinig verläuft,
es hat Wendungen und Kehrtwendungen. Es spricht von Angst und Tod, von Geburt und Neuwerdung. Es gibt Kämpfe und Müdigkeit den langen Weg zu gehen.
Jede Wendung hilft uns, unsere Lebenssituation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und zu erfühlen. Oft verlieren wir auf dem langen Weg die Mitte aus den Augen, das eigentliche Ziel ist nicht mehr sichtbar. Und erreichen dann doch plötzlich die Mitte.
Die Mitte ist für uns heute ein Ort der Selbsterkenntnis und Integration des Erkannten.
Wir hören auf unsere Innere Stimme, verweilen in der Mitte, sprechen vielleicht ein Gebet. Die Mitte hat eine starke Kraft. Sie gilt es zu erspüren. Der Rückweg hilft uns dabei, diese Erkenntnisse in unseren Alltag zu tragen und umzusetzen.“

Ob dabei wohl so manches Tier manchem Menschen etwas voraus hat?

Weiter nach Osten in Tsoutsouros klemmen wir uns am Hafen zwischen Häuserwände und lassen so die etwas abgeschwächten Windböen über uns ergehen. Ein Wintersturm vom Feinsten! Die Böen lassen das Wasser fliegen und die Hunde liegen streikend auf ihren Kissen im Warmen. Man nimmt am Morgen möglichst unter den Daunen eine Körperhaltung ein, die bis mindestens 11 Uhr nicht verändert wird. Nicht selten liegen Pepes Pfoten über seinen Augen. Jegliche Veränderung der Körperhaltung könnte missverstanden werden und zum Gang nach Draußen führen.

Draußen könnte man sowieso befürchten, dass Pepe über das Libysche Meer verschwindet wie der fliegende Robert im „Struwwelpeter“.

Außerdem haben wir einen Gast im Wombat zum Übernachten: Rod Stewart ist zu Besuch. Rod Stewart ist eine winzige Hündin, zottelig mit großen Glubschaugen und bei ihrem Anblick assoziieren wir sofort besagten Sänger.

In gewisser Weise muss man hier auf Kreta ein dickes Fell bekommen. Denn es gibt so viele Hunde in alter Manier: Mit Kette und Hütte. Oft als „Aufpasser“ aber eben auch nicht selten ohne Sinn und Verstand einfach im Nirgendwo. Am besagten Rod Stewart konnte ich nicht vorbei laufen. Ich finde den Mickerling an Hündin, verzottelt, verdreckt und hinkend vor ihrer verrosteten, zerlöcherten Blechtonne.

Nach einigen Diskussionen mit Achim liegt Rod Stewart nun auf einem Handtuch, überglücklich und satt vor der Sitzbank im Wombat.
Nach seiner Resignation meldet sich Achim schließlich zu Wort: „Die möchte wieder nach draußen ins Kalte“ nachdem der Mickerling mehrmals vehement versucht, in den offenen Kühlschrank zu kriechen.

Vorerst zu fünft tuckern wir an der „Gurkenküste“ entlang durch unzählige Gewächshäuser. Aber nicht nur Gemüse unter der Folie wächst hier. Dieser Küstenstrich ist gesegnet mit dem mildesten Klima Kretas. Hier gedeihen auch unzählige Bananen.

Am Abend erreichen wir  Myrtos. In der Saison sicherlich ein buntes Treiben an der schönen Uferpromenade:

Der Sturm erreicht so langsam Orkanstärken. Am nächsten Morgen erzählen uns Einheimische, dass in der Nacht einige Tornados gewütet hätten. Normal? Nein, normal sei das nicht. Wind sei hier schon üblich aber nicht so.

Monster-Böen fegen von den Bergen hinab aufs Meer:

Am Strand hinter Ierapetra treffen wir Edith vom Tierschutz. Sie nimmt unser gerettetes oder geklautes – wie auch immer man das nennen will – Zotteltier vorerst mit zu sich nach Hause bis sie in Kissamos aufgenommen wird.

Hier am Strand steht ein weiteres Ehepaar mit ähnlichem Fortbewegungsmittel. Eng aneinander gekuschelt versuchen wir im Schutze eines Hauses das Klappern, Wackeln und Heulen in der Nacht zu reduzieren. Mit wenig Erfolg. Zu viert stehen wir am Morgen mit fliegenden Haaren, hohem Aggressionspotential und Augensäcken vor den Autos und sind uns einig: Dieses Wetter fördert Ehekrach!

Zwei Vorteile bietet der Campingplatz hier nebenan: Windschutz, nette Inhaber und den ganzen Platz fast für uns alleine. Zusammen sind wir sechs Menschen und sechs Hunde in drei mobilen Häusern.
Die Krönung: Die Anwesenheit einer Waschmaschine mit dem dreifachen Füllvolumen einer normalen Ausführung! In zwei Waschgängen wasche ich so ziemlich alles, was wir so aus Stoff mitführen und gerade benutzen.

Der Wind lässt ENDLICH nach!! Die letzten Tage des Januars: Blauer Himmel, nahezu Windstille und eine himmlische Ruhe.
In Koutsouras parken wir unter Palmen auf einem Wanderparkplatz und Achim ist mit dabei.

Die Wanderung durch die Schmetterlingsschlucht hat für uns nach dem ersten Drittel ein Ende: Pepe könnte man hier noch hinauf tragen aber Gizmo….
Achims Mimik erhellt sich: Wir müssen zurück!

Hinter Analipsi finden wir den Langadha Beach. Nichts Sensationelles aber wir sind so überglücklich und dankbar für Windstille, Wärme und Ruhe dass wir im Kies parken, die Socken in die Ecke schmeißen und nebeneinander auf dem Sand zum Liegen kommen. Ich glaube, wir sind alle vier gleichzeitig eingeschlafen.

Gerade noch mal gut gegangen….

Auf dem Weg zur Ostküste ein Zwischenstopp:
Das Kloster Moni Kapsa am Rande der imposanten Perivoulaki Schlucht.

Die Schlucht ruft den Schluchtenmulch. Es geht los. Und Achim begleitet uns!


Diesmal kommen wir tiefer in die Schlucht hinein bis uns bekanntes Gestell am Weiterkraxeln hindert. Achim grinst: Der liebe Herrgott meint es wieder gut mit ihm!

Pünktlich zum Beginn des Februars landen wir an der wilden, naturbelassenen Ostküste Kretas.

Der Beitrag dazu folgt.