04. Dezember 2017
Wir sagen dem Traumstrand Elafonisi adieu.
Unser Weg zur Südküste Kretas führt über Chania mit einem Besuch in einer Tierarztpraxis.
Gizmo steckt wohl etwas im Hals und sein Röcheln und Schniefen will nicht aufhören.
Die Praxis: Drei besetzte Behandlungstische nebeneinander und ein lebhaftes Treiben. Achim sitzt in einiger Entfernung auf einer Wartebank mit Pepe.
Wir erleben den fürchterlichsten, grellsten Todesschrei aus Pepes aufgerissenem Hals als (wohlgemerkt!) sein Kumpel zur Ader gelassen wird. Man muss nun wissen: Pepe leidet unter einer Blutabnahme-Phobie. Alle Menschen lachen oder erstarren, ein Stethoskop fällt zu Boden, ein zu behandelnder Hund springt von seinem Behandlungstisch.
Gizmo aber steht ergeben und ruhig da, lässt die Prozedur über sich ergehen und schielt derweilen auf die gepolsterte Wartebank. Diese muss als Belohnung nach dem Nadelstich herhalten, schließlich gibt es hier kein Leckerli in diesem Laden. Mit einem Satz sitzt er drauf während Pepe immer noch lauthals kreischt und nicht zu beruhigen ist.
Mittlerweile lachen alle in diesem Raum und zu guter Letzt stürzen sich unsere beiden gestörten Chaoten auf die geöffneten Tierfutterpackungen auf dem Boden vor der Kasse während Achim zahlt und die Leinen zu lang lässt.
Wir hinterlassen mal wieder einen bleibenden Eindruck!
Das Gute daran: Die Entzündungswerte sind unauffällig, es handelt sich wohl nur um eine Reizung. Das Röcheln hat nach der Gewissheit sowieso ein Ende. Schließlich bekommt man keine Beachtung mehr, wenn man es tut!
Wir pfriemeln uns mit unserem Monstrum auf Rädern wieder aus den engen Gassen der Innenstadt und finden einen schönen Stellplatz mit Blick auf Chania am Golden Beach:
So ganz entspannt und ohne peinliche Vorkommnisse schlendern wir am kommenden Tag durch die wunderschöne Altstadt Chanias:
Mittlerweile ist es kühler geworden. Die „weißen Berge“ sind nun wirklich weiß. Von Chania aus, hat man einen sensationellen Blick dort hinauf.
Ein ernstes und trauriges Thema treibt uns eine Zeit lang wieder zurück nach Kissamos. Es gibt sie immer wieder zu sehen: Hunde, welche permanent an Ketten gehalten werden, nicht nur vor Häusern, auch zur Bewachung von Durchgängen weit ab von der Zivilisation. Sie sollen Ziegen und Schafe daran hindern, zu passieren. Ein Leben lang an einer Zwei-Meter-Kette. Alleine. Was passiert nun, wenn man einen solchen trifft, Kontakt aufnimmt, den Blick erwidert? Man schläft nicht mehr!!!
Nach endlosen Recherchen und Nachfragen, mich kennen nun wohl alle Tierschutzorganisationen im Süd-Westen Kretas, ergibt sich ein glücklicher Zufall durch die Verbreitung im Netz: Ein Engländer findet sich, welcher diese Hündin vom letzten Sommer kennt und aufnehmen möchte.
Mein persönliches Weihnachtsgeschenk ist die „Befreiung“ der armen Seele mit Hilfe von vielen engagierten Menschen und letztendlich zusammen mit Tierschützern von Chaniapets.
Auch wenn es nur Einer von Vielen war: Es hat sich gelohnt!
Achim nach der Aktion, erschöpft und ergeben auf dem Sofa, den Blick an die Decke gerichtet und Daumen drehend: „Das wird nicht der letzte Hund gewesen sein. Ich glaub‘, ich brauche Nerven wie Drahtseile.“
Aufatmend geht es nun Richtung Südküste: Frangokastelli ist unser Ziel.
Auf den Weg dorthin trennt sich das Team: Das Wombat wird von Achim die Serpentinen hinabgeführt Richtung Meer während ich mich mit den acht Pfoten aufmache, die gut erschlossene und touristisch angepriesene Imbros Schlucht hinab zu kraxeln.
Das übertrifft eine Pfälzer-Wald-Hütte:
Frangokastelli: Eine aufgelockerte Streusiedlung mit Tavernen und kleinen Hotelanlagen, einem wunderschönen Strand und einem Blick auf die Kryoneritis-Berge. Auch im Sommer soll es hier nicht touristisch überlaufen sein.
Die Siedlung ist nach dem gleichnamigen venezianischen Kastell benannt. Wir machen uns auf den Weg für eine Besichtigung.
Von Frangokastelli aus hat der Wanderwütige einige wunderbare Möglichkeiten an Schluchtenwanderungen.
Ich mache mich auf den Weg nach Kallikrati, durch ein Felsenmeer, an Abhängen entlang, in Serpentinen hinauf durch die Schlucht. Lediglich einen Einheimischen treffe ich, der zur Küste hinab läuft um Brot zu holen und einen Schäfer mit einer Herde Wolltiere, welche auch irgendwie da runter müssen.
Die Kallikrati-Schlucht, Achim begnügt sich mit dem Drohnen-Blick von oben:
Noch viel schöner muss diese Schlucht im Frühjahr sein. Ich stelle mir das rauschende Wasser in dem momentan trockenen Bachlauf vor.
Es ist Mitte Dezember und die wenigen bunten Laubbäume erinnern an den Herbst.
15. Dezember 2017
Von Skafion aus …
… schlängeln wir uns Serpentine für Serpentine hoch in die Bergwelt.
Und landen in Anopoli, einem verschlafenen Dorf.
Ziemlich eng geht es einen Stichweg den Berg hinauf, wir gelangen ans Ende der Straße, steigen aus und staunen, wo wir gelandet sind:
Hoch über dem Libyschen Meer und der Küste, ein atemberaubender Ausblick. Von hier aus startet ein bekannter Wanderweg. In Serpentinen hinab geht es nach Loutro an die Küste.
Und wo sind die Ziegen?
Am nächsten Tag fühlen wir uns so, wie früher in der alten Heimat zur Winterzeit: Grauer Nebel umgibt uns. Die Heizung brummt zum ziemlich ersten mal seit wir in Griechenland sind.
Mit den Hunden entfliehe ich dem Grau, kraxle den Wanderweg nach unten und langsam aber sicher lichtet sich die Suppe und ich entledige mich meines „Zwiebel-Looks“. Wir drei machen eine herrliche Tour, entlang der Küste auf dem bekannten Wanderweg E4 und hinauf in die Aradenas Schlucht. Diese Route soll eine der schönsten sein hier in der Gegend.
Es ist schon dunkel als wir uns am Ende des Tages keuchend und mit brennenden Oberschenkeln wieder nach oben schleppen. Achim leuchtet uns mit der Taschenlampe entgegen.
Am nächsten Tag beschließen wir, wieder hinunter auf Meereshöhe zu fahren. Es ist kalt geworden hier oben. Diese traumhafte Ecke werden wir im nächsten Frühjahr wohl wieder besuchen.
So kommen wir am 17. Dezember in Plakias an und beschließen, hier die Feiertage um Weihnachten und Sylvester zu verbringen.
Einmal wieder ein menschenleerer Sandstrand und wir finden einen perfekten Platz an einer Strandbar, in der im Sommer die Menschen bierschlürfender Weise den Sonnenuntergang genießen.
Der nette Besitzer überlässt uns einen Wasser- und Stromanschluss. Letzterer wird immer wichtiger, da sich die Sonne nun öfters mal rarmacht und unsere Solarzellen arbeitslos werden.
So lässt es sich leben: Ein nettes Hafendorf in Sichtweite, Tavernen, Supermarkt, Metzger und ein Haufen herrlicher Möglichkeiten für Wander- oder Radtouren.
Hier wurde doch tatsächlich in den 40er Jahren kurzzeitig Braunkohle abgebaut. Und durch dieses Tunnelsystem auf Schienen abtransportiert:
Griechische Hundebesitzer halten generell nicht viel vom „Gassi-Gehen“. Geht hier jemand mit Hunden spazieren, so ist er kein Grieche. Neben der fürchterlichen Kettenhaltung gibt es in den Städten oft die erfreuliche gegengesetzte Variante: Hunde mit Heim und Bewirtung, welche frei in der Gegend herum spazieren. So lernen wir hier Babis kennen, einen Beagle Rüden.
Und mit ihm einen völlig unverdorbenen Hund, sprich total unerzogen und genau so, wie ihn Gott erschuf mit all seinen Unarten und rassetypischen Talenten. Er ist der König des Strandes und wohl bekannt für seine Leidenschaft, Schuhe oder Bikinioberteile zu verschleppen. Mit Glück finden wir Achims roten Turnschuh noch im Gebüsch kurz vor der Abfahrt!
Er steht nun jeden Morgen vor unserer Tür, bittet um Einlass, Beschäftigung und Auslauf. Auf allen unseren Unternehmungen ist er einfach immer dabei.
Mit drei gleichgesinnten Chaoten haben wir es jetzt zu tun. Die mögen sich und sind sich immer einig!
Wo sind Deine Katzen?
Tolle Menschen lernen wir hier kennen. Es gibt hier so Einige aus anderen europäischen Ländern, die sich hier niedergelassen haben. Ob permanent oder nur zeitweise, arbeitender Weise oder berentet.
So unauffällig wie unser Wombat ist, kommen wir ständig ins Gespräch mit Strand-Schlenderern. So lernen wir auch Anita , Michael und Wolfgang kennen. Mit ihnen eine Taverne in den Bergen und das beste griechische Essen, das wir bisher kennen gelernt haben.
Auch gewandert wird zusammen. Zum Palmenstrand bei Preveli:
Weihnachten verbringen wir multikulturell:
Deutschland, Österreich, Holland und Frankreich sind vertreten:
Jule und ihre zwei „Goldies“ Alfons und Oskar verbringen hier die Winterzeit.
Jule hat ihren Arbeitsplatz für ein paar Monate als Übersetzerin hier nach Kreta verlegt. Und ackert wie ein Hafenkuli, findet aber an den Nachmittagen regelmäßig Zeit für einen kleinen Wandertrip.
Neidvoll blicke ich auf Alfons und Oskar:
Welch ein Gehorsam! Man tut, was verlangt wird mit einem Blick voller treudoofer Hingebung. Der Golden Retriever scheint in dieser Hinsicht unter allen Hunderassen führend zu sein.
Neidvoll und grinsend blickt Jule auf Gizmo und Pepe:
Welch ein Eigensinn! Man tut eher langsam wenn überhaupt, was verlangt wird. Mit der Frage, ob das nun sinnvoll ist, was man zu tun hat.
Die eklatante unterschiedliche Auffassung von Gehorsam nehmen wir grinsend zur Kenntnis bei einer sehr einfachen Grundübung: Sitz! Und natürlich Bleiben:
Hätten wir die Goldies nicht abgeholt, säßen sie noch immer. Befehl ist Befehl!
Gizmo gibt unmissverständlich zu verstehen, dass er mit „Schleimen“ und Anbiedern so gar nichts anfangen kann. Pepe macht sowieso, was Gizmo macht, die Goldenen das, was Jule aufträgt. So geht man seine eigenen Wege.
Zum Foto Shooting rückt man aber etwas näher zusammen:
Das Wetter momentan: Wie eine Wundertüte. Der hiesige Wetterbeicht hat eine Trefferquote von vielleicht zwanzig Prozent. Man verlässt sich besser auf die Beobachtung der Wolkenformen und des Sonnenuntergangs. Da liegt man dann meistens richtig.
Man ist sich sowieso nicht einig, wie sich das Wetter auf Kreta im Winter gestaltet. Im letzten Jahr heizte man hier fast durch von Dezember bis März, das Jahr zuvor soll es ungewöhnlich warm gewesen sein, durchgehend Badezeit. So sind wir gespannt, was uns erwartet.
Zwei Tage vor Weihnachten beglückt uns ein Wetter, vergleichbar mit dem Weltuntergang. Kalte Sturmböen aus Nord bis zu 125 Km/Stunde, der Regen wie eine Dusche von der Seite und das den ganzen Tag. Wer da die Dehnfähigkeit der Blasenmuskulatur bis zum Äußersten ausgereizt hat, kann man sicher erraten.
Am ersten Weihnachtsfeiertag herrscht hier wieder T-Shirt Wetter, strahlend blauer Himmel, Windstille und am Strand ein paar wenige Badewütige.
In diesem Wechsel geht es weiter hier auf Kreta.
Eine Fahrrad Tour die Küste entlang:
Sylvester verbringen wir am Lagerfeuer mit Mützen und Wolldecken. Alles nur Zeitrechnung: Wir lösen die Runde frühzeitig auf als das Brennholz zu Neige geht. Als es genau drei Mal „Bum Bum Bum“ macht, liegen wir alle schon im Bett.
Ein herrliches Sylvester für Knaller-neurotische Hunde. Pepe macht lediglich sein linkes Auge kurz auf.
Die Vegetation wird immer üppiger und grüner, unendliche Flächen mit gelb blühendem Klee. Scheint die Abendsonne dazu, sieht das dann aus der Ferne so aus:
Am Damnoni Beach gleich hinter Plakias:
In den Sommermonaten soll es voll sein hier mit Badegästen, vor allem in den anliegenden kleineren Stränden, jeder für sich etwas Besonderes.
Wir sind um diese Zeit meist alleine bei unseren Spaziergängen mit der Hundebande.
Die Tage nach dem Jahreswechsel und der Wollmützen- und Daunenjacken-Periode:
Kollektionswechsel zu Shorts und T-Shirt.
Finikas Beach, zu Deutsch der Palmenstrand, zählt zu den Top-Ten-Stränden Kretas.
Eine wasserführende Schlucht zieht sich vom Landesinneren zur Küste an deren Ende es aussieht wie am Drehort von Tarzan: Ein Palmenwald.
Es ist (zum Glück) nicht möglich, diesen Ort mit dem Auto direkt anzufahren. In der Hauptsaison parkt man oberhalb und es kriechen wohl scharenweise schwitzende Besucher den Wanderweg in Serpentinen hinunter zum Strand. (Und das wegen ein paar Palmen!!! In Süd-West Asien würden sich die Menschen tot lachen)
Wir parken in der Nachbarbucht auf der anderen Seite, zu erreichen über einen Schotterweg:
Und laufen zu der Palmenattraktion:
Vom Meer kommend hat man die Möglichkeit, entlang des Flusses in die Schlucht hinein unter den Wedeln zu wandeln bis man an eine Engstelle kommt. Ab hier ist die direkte Durchwanderung der Schlucht nach oben wenn überhaupt nur für Hartgesottene im Sommer geeignet. Sprich wasserfeste Kraxler. In jedem Falle nichts für Gizmo!
Lohnenswert ist der Wanderweg auf der Höhe beidseits der Schlucht mit grandiosen Ausblicken:
Achim verdreht mittlerweile die Augen, wenn er das Wort “Schlucht” hört. Im Spaß werde ich nun Schluchtenmulch genannt.
12. Januar 2018
Ich liege am Abend mit einem Magen-Darm Virus behaftet auf dem Bett und leide mit einer neben mir stehenden Schüssel. Achim sitzt vor mir und isst Spiegeleier. Und meint, ich hätte mir den Schluchten-Virus eingefangen.
Gizmo beglückt mich mit einer nicht enden wollenden Salve an Pupsern durch geklautes Katzenfutter, von denen selbst ein gesunder Magen sich umdrehen würde. Während Pepe Töne von sich gibt, welche zwischen dem Grunzen eines Schweins und einem luftentweichenden Luftballon liegen. Er hat mal wieder zu schnell gefressen!
Zum ersten mal seit unserer Reise wünsche ich mir ein Schlafzimmer mit einer Tür und einer Klinke, welche ich betätigen kann. Natürlich zum Schließen von Innen!