Über Kutaissi nach Armenien

30. September 2018.
Svanetien hinter uns gelassen über Kutaissi und Tiflis Richtung Armenien:

Am Ende des Monats September kommen wir in der zweitgrößten Stadt Georgiens an: Kutaissi. Über 2000 Höhenmeter runter von Ursprünglichkeit des Kaukasus und unwegsamem Gelände mit Übergang zu Asphaltstraßen und schließlich wieder die Zivilisation um uns herum. Da ist das ungewohnte Geräusch eines Rasentrimmers. Und die Möglichkeit, den Kühlschrank wieder aufzufüllen. Und das zu Preisen, welche nicht exorbitant hoch sind wie da oben in Svanetien.

Unterhalb der berühmten Bagrati Kirche ein kleiner Parkplatz, auf dem wir übernachten. Die Ursprünge der Kirche reichen bis ins 11. Jahrhundert. Die Osmanen machten aus dem Prachtwerk einen Trümmerhaufen aber die Rekonstruktion ist wirklich gelungen. Seit 2012 steht sie also wieder so da:

Ein Besuch auf dem Bazar. Hier zum Schuster zu gehen ist ein Erlebnis:


Das Gelati Kloster liegt nur ein paar Kilometer entfernt in den Bergen. Zunächst stehen wir unten im Tal am Fluss und wollen das Kloster „erpilgern“ über den Pfad nach oben. Der ist dann doch steiler als erwartet. Absolutes Unverständnis von Seiten der männlichen Fraktion. Achim flucht, Gizmo und Pepe setzen sich einfach hin. „So etwas machen doch nur Bekloppte..“, „Wie blöde muss man denn sein“…..

Wir kommen dann aber doch irgendwie an am Kloster, Achim heiser. Dort die schönsten Stellplätze und einige Reisekollegen. Nein, Pilgern ist nichts für meinen Mann und als wir dann schließlich doch am Abend mit dem Wombat hier oben stehen ist er wieder zufrieden:

Am sonnigen Morgen zur Besichtigung:

Gelati hat nichts mit Eis zu tun. Der Name ist vom griechischen Wort Genati („Geburt“) abgeleitet. Als Kloster und später Bischofssitz der Orthodoxen Kirche eines der bedeutendsten Werke der georgischen Kunst. Zum Kloster gehört eine Akademie und zehn Meter neben unserem Stellplatz  sind die bedeutendsten Könige und Königinnen Georgiens begraben. Wohl gute Seelen, wir haben prima geschlafen.

Nicht nur von außen beeindruckend. Auch das Innenleben mit den Wandmalereien lässt uns staunen:

Richtung Osten geht es weiter. Unser nächstes Ziel: Ein kleiner See bei Khashuri. Eine Empfehlung. Die Straße von Kutaissi nach Tiblis zwar eine Hauptstraße aber mit Kühen bestückt, schön grün am Fluss entlang durch kleine Dörfer. Am Straßenrand die bunten Verkaufsstände. Honig, Wein, gegrillte Maiskolben, Hängematten und unzählige Ton-Töpfe.

Der Georgier kennt Germania. „Da Auto gekauft. Ganz billig!“ bekommen wir oft zu hören. Böse Zungen behaupten, dass 80 Prozent aller Auto auf den Straßen hier aus Deutschland kommen. So sieht man hier Transporter mit der unterschiedlichsten Werbung: „Rohrreinigung, Sanitär- und Heizungsinstallation Wittelburger“, „Direktverkauf Kies – Sand – Mutterboden“ oder „Aufstellung aller Spiel- und Unterhaltungsautomaten“. Ich beobachte all die Schriftzüge und denke an die nächste Dieselauto-Generation aus Deutschland für die Georgier. Man scheint momentan ordentlich daran zu arbeiten. Es pufft aus den Abgasrohren und die Erde dreht sich weiter um ihre Achse …

Lauthals muss ich für Stillstand sorgen: „Stooooooop! Pfifferlinge!!“
Was eine Wonne später am See: Unser Festmahl!

So sieht es hier oben aus:

Da wir eine putzige Hängebrücke großzügig umfahren mussten und der Umweg über ausgefahrene Trecker-Pfade mühsam und lang war, fragen wir uns, ob sich das wirklich gelohnt hat. Aber wir genießen einfach die Ruhe dort oben in der Sonne und Stille, bevor uns Tiflis einnimmt.
Oben auf dem Kamm wird eine kleine Kapelle gebaut. Dort leben ein paar Mönche mit Kühen, Schafen und Stallhasen. Wir unterhalten uns lange, also mit einem der Mönche, sogar auf Deutsch. Gizmo guckt fern derweilen. Ein Belgischer Riese ist auf dem Programm.

Es ist Sonntag und eine kleine Gruppe junger Menschen leistet uns Gesellschaft hier am See. Die Großzügigkeit der feiernden Georgier bei Barbecue und ganz viel Schnaps wird mit zunehmendem Zuprosten unermesslich. Wir haben mal wieder für fünf Minuten nicht aufgepasst auf unsere so leidvoll hungernden Hunde. Die beiden sind am kommenden Tag zu nichts zu gebrauchen. Pepe kann besonders erbärmlich aus der Wäsche gucken wenn es im Gedärm rumpelt. Gizmo lümmelt dauerhaft im Gras herum und kaut auf Selbigem. Man kann förmlich die Sprechblasen über ihnen schweben sehen: „Mir ist so schlecht.“ „Mir auch!“

Das jammervolle Bild am Morgen:



Nach Tiflis also geht es nun. Ich gucke rechts aus dem Fenster auf die Berge und bin schon ein wenig traurig. Wir hatten uns ja so viel vorgenommen hier in Georgien. Gar nicht auf der Schnellstraße in die Hauptstadt düsen, sondern südlich davon durch den kleinen Kaukasus trudeln. Und nach Kazbegi wollten wir auch. Und in Tiflis länger bleiben. Und der Süd-Osten…

Irgendwann der seltene Blick auf einen Kalender und die Ernüchterung, dass unser Programm zeitlich wohl nicht hin haut. Von Armenien nach Georgien nämlich müssen wir über einen hohen Pass. Schnee kann da schon fallen im November ….
Also: Ein andermal wiederkommen und Weitermachen hier in Georgien!

Auf Tiflis freuen wir uns. Kontrastprogramm zu Kuhfladen und Wehrtürmen.
Erster Anlauf: Die iranische Botschaft. Unsere Visa beantragen. Ratz Fatz geht das. Das, was dauert ist der Besuch bei der Bank für die Einzahlung der Gebühren. Man zieht eine Nummer und als Achim dran ist, ist seine Nummer weg, er muss eine neue Nummer ziehen und vor ihm wieder zehn neue Nummern….

Also erst einmal wieder raus aus der turbulenten Stadt und einen Stellplatz aufsuchen. Der Campingplatz am Tifliser See wurde uns empfohlen. Die Waschmaschine lockt.
Die traumhafte Vorstellung eines Platzes mit Blick auf den See und dem meditativen Drehen einer Waschtrommel weicht mal wieder drastisch von der Realität ab: Da ist nichts (mehr)! Wir suchen vergeblich und erahnen nur mit Wohlwollen, was hier Campingareal gewesen sein soll.

Also frei Stehen, was an diesem See auch wunderbar geht:

Nur zur Altstadt ist es ein Stückchen zu fahren. Mit Taxi aber kein Problem.
In Kutaissi schon haben wir ihn kennen gelernt: Pascha. Er ist ein sehr netter, knuffiger Taxifahrer und hat sich angeboten für all die Besorgungen in Tiflis als Mann mit Durchblick und Ortskenntnis. Die beiden Männer machen sich auf und haben wohl richtig Spaß zusammen.

In der super modernen Hautarztpraxis wegen Achims „Nasenfraß“. Dieser entpuppt sich als Vorstufe von Hautkrebs. Ernte des Outdoor-Lebens.

Das Riechorgan bleibt dem Achim erhalten Dank fürsorglicher Vereisung durch eine dieser Damen. 😉

Pascha hat einen Tipp parat: Oben am Fernsehturm auf dem Berg Mtazminda das Wombat zu parken. Mit grandioser Aussicht auf ganz Tiflis, im Grünen auch für die Hunde perfekt und das Beste: Mit der Bergbahn hier nebenan mal eben direkt in die Altstadt runtergezischt.
Da stehen wir nun und gucken von unserer Aussichtsplattform runter auf die beleuchtete Großstadt. Die leuchtende Sameba Kathedrale mittendrin. Die größte Kirche Transkaukasiens. Hinter uns der angestrahlte Fernsehturm. Das hat was!

Dann aber kommt die Nacht: Unser Traumplatz entpuppt sich als Treffpunkt für röhrende Auspuffe und als Outdoor-Disco der Jugend. Mit aufheulendem Motor kommt man an, Türen auf, Musik auf volle Lautstärke und auf dem Kofferraum wird die Bar ausgebreitet. Und das bis morgens um Fünf.

Zum Nachholen von Schlaf landen wir schließlich hier:

Die Örtlichkeit befindet sich über dem botanischen Garten auf der gegenüberliegenden Seite der Nariqala Festung. Wir stehen ruhig neben dem kleinen Kloster, einen tollen Blick auf die ganze Stadt und die Altstadt erreicht man über einen Fußweg in zehn Minuten. Perfekt!

Abwärts geht es Richtung Altstadt:

Es gefällt uns hier.
Nur am Eingang zum Botanischen Garten behandelt man uns einmal wieder wie die größten Schwerverbrecher. Ein Entgegentreten und Aufhalten, als ob wir eine Bombe mit uns führen würden. Dabei sind es nur unsere zwei Hunde!!

Macht nichts! Es gibt genug anderes zu sehen:

Hoch zur Nariqala Festung:

Vor der Abreise tun wir uns das dann doch an: Mit dem Wombat zum Basar. Die Parkplatzsuche gestaltet sich genauso lang wie der Besuch durch die Katakomben voller Kappen, Schuhe, Socken und Unterhosen…


Als letztes Ziel unseres Georgien-Besuchs suchen wir uns das Höhlenkloster Gareji aus. Die abgespeckte Version von der Erkundung des Süd-Ostens von Georgien. Geplant war eigentlich der Vashlovani Nationalpark im aller letzten Zipfel. Aber, wie schon erwähnt: Die Zeit und der Pass über die Berge zum Iran! Und außerdem überfällt uns ein leichtes Prickeln beim Begriff „Nationalpark“. Ums Verrecken ist nicht herauszufinden, ob man uns mit den Tierchen Einlass gewähren würde.

Also entschließen wir uns für eine kurze Offroad-Route zum Höhlenkloster und sind total positiv überrascht. Durch die potthässliche Großstadt Rustavi muss man schon durch und fragt sich, ob das wohl nicht ein Fehler war mit der Route. Aber wenn man Hochhäuser, Schlaglöcher so groß und tief wie Wachbecken und stinkende Industrie hinter sich gelassen hat wird es wirklich traumhaft.

Eine gut zu fahrende Schotterpiste durch Steppen-Wüsten Mix mit irren Farben und einer endlosen Weite:

Am Höhlenkloster angekommen: Überschaubarer Tourismus.

Da gab es im 6. Jahrhundert einen Prediger namens David. Der war stink sauer auf die Bewohner von Tiflis weil die ihn verleumdet hatten. Zu Unrecht hängte man ihm eine Vaterschaft an. Und da zog er von dannen in die Stille der Wüste, dorthin, wo wir hier nun stehen.  Und gründete das Höhlenkloster Gareji. Viele Menschen zog es dort hin im Laufe der Geschichte. Oft wurde dieser Ort zerstört, auch von Erdbeben. Und zuletzt von den Erschütterungen und dem Geballer um die Höhlen herum. Hier befand sich nämlich der Truppenübungsplatz der Sowjet-Armee. Man übte den Krieg gegen Afghanistan. Wo sonst, wenn nicht hier in dieser wüstenähnlichen Gegend.

Nach der Unabhängigkeit Georgiens wurde das Areal wiederbelebt. Auch Mönche wohnen hier wieder.

Das, was am meisten beeindruckt: Eine Wanderroute hinter dem Kloster hinauf zum Grad mit dem Blick auf Aserbaidschan und die vielen Höhlen am Berghang. „Zum Niederknien“ beschreibt eine deutsche Touristin diese Gegend.

Hier verbringen wir eine Nacht und auch am folgenden Tag lassen wir die Stimmung auf uns wirken. Ob es am diesigen Licht oder an unseren fotografischen Fähigkeiten liegt: Kein Foto kommt an die Realität heran. Nur die Drohne kriegt es einigermaßen hin 😉

Unten auf dem See erspähen wir ein Tretboot:
Heimweh!!!

Naja, nicht mehr das Neueste. Gizmo:”Ich fahr’ da eh nicht mit”.

Im Andenken an die alte Heimat eine Bootsfahrt?
Gestaltet sich als schwierig. Kette eingerostet, Ruder defekt aber mit vereinten Kräften treten sich die Schöttis zum gegenüberliegenden Ufer. Während die Hunde wegen Verlsutangst jämmerlich jaulen schaffen wir es irgendwann irgendwie irgendwo ans Ufer, wo man uns begrüßt als wären wir auferstanden.

Wie so oft bekommen wir am frühen Morgen Besuch:

Auf geht’s Richtung Armenien. Zwei Wochen möchten wir uns für dieses Land doch nehmen. Wir wählen den Grenzübergang ganz im Osten bei Bagratashen. Dann durchfahren wir nämlich gleich das Debed Tal mit seinen Klöstern auf der Armenischen Seite.

Georgien war toll! Wir sind begeistert und müssen in jedem Falle wieder kommen. Wir haben längst nicht alles gesehen!

Was verbinden wir mit Georgien?
Eine grandiose Natur, glückliche Kühe und Schweine, die Gastfreudschaft und tausend Einladungen zum Schnaps, eine tolle Kultur und ein Wein, der mich umhaut. Und der Geschmack von Trauben und Äpfel, die sich jeglicher Genmanipulation entzogen haben…

Und das ist es, was Achim umhaut: Diese unbeschreiblich leckeren Teigtaschen, -fladen, -ecken mit den unterschiedlichsten Namen weil unterschiedlichste Füllungen. Meist mit Käse. Wohl dem, der so etwas verträgt…
In unserem Wombat gab es nur einen Glücklichen. Alle anderen forderten den Gaswarner.