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Irans Westen: Durch Lorestan und Kurdestan

Durch den Westen Irans.
Naturwunder Lorestan und das wilde Kurdestan:

23. April 2018

Mit Wollmützen auf dem Haupt verlassen wir den „Skiort“ Chelgerd, hoch oben in den Bergen….

…. und trudeln gemeinsam mit den „Murmeltieren“ aus der Schweiz, das sind Christina, Martin und Hund Wadi Richtung Norden.
Es geht nur unwesentlich am Flusslauf bergab und nachts sinkt die Temperatur weiterhin gen Null.

Pepe hält den Laden auf:

Die Hauptstraße Richtung Khorramabad lässt uns einmal wieder die Kleidung von den Bügeln hüpfen. Was sie hier wirklich gar nicht können im Iran: Straßen bauen!
Dazu kommen die massenhaft aus dem Nichts auftauchenden „Speed-Bubbles“: Graue, auf grauem Asphalt getarnte schikanöse Beulen auf den Straßen dieses Landes. Höhnisch scheinen sie einem zuzugrinsen: „Bremse oder hüpfe!“. Und das überall!
So klappert das Gebiss und die Hundeohren fliegen, da wir meistens hüpfen statt bremsen, schließlich nimmt im Alter die Sehkraft ab.

Es wird zur Gewohnheit, mich mit den Hunden bei der Stellplatzsuche einfach auszusetzen. Hinaus in widrige Umstände wie knietiefe Matschfelder und zu überquerende Bäche.
Mit den Worten: „Du siehst mich ja, wo ich hin fahre“ entlässt man mich.
Das Wombat verschwindet schließlich am Horizont für unsere erste und letzte Peilung.
Irgendwann schließlich erreichen wir drei Verschlammten dann die bereits Kaffee schlürfende Gesellschaft, die in der Sonne vor ihren Wohnautos in den Liegestühlen mummelt. Achim und die „Murmeltiere“.
Dank Christina komme ich zu meinem neuen Namen:
„Der gemeine Ackerläuferling!“

Stellplätze zum Träumen findet man genug:

Unser Weg führt schließlich durch die Provinz Lorestan. Und die hat es uns wirklich angetan. Ein Naturschauspiel nach dem anderen:

Wir wollen die Südstrecke durch das Osthoran Gebirge nehmen. Um es vorweg zu nehmen: Es war eine goldrichtige Entscheidung!

So selbstverständlich ist das nicht, dass man uns ohne funktionierende Heizung im Auto begleitet. Die Murmeltiere, hartgesotten, kommen mit. Wir freuen uns!
Der Hitze gewohnte Wadi Hund wahrscheinlich nicht so sehr 😉

Wir erreichen also den Bezirk Lorestan, landen am Khanabad-Stausee und haben eine für uns im Iran außergewöhnliche Begegnung: Wir treffen ein einheimisches, junges Paar, Kiarash und Mischa, mit Cockerspaniel Jessika.  Kiarash betreibt hier ein traditionelles Hotel auf dem Hügel. Und die beiden sind tatsächlich so hundefreundlich, dass es in ihrem Wohnzimmer am Abend bald so aussieht:

 

Nach Probeliegen aller im Haus befindlichen Sofas, landet Gizmo im Hundebett von Jessika. Ich glaube, er wird im Alter einfach ein wenig schrullig. Einmal zusammengerollt passt man da gerade so rein. Wegbewegt hat er sich nicht mehr bis zur Verabschiedung.

Wir werden derweilen verköstigt mit traditionellem Essen. So lecker, dass ich bald platze.

Wir stehen unter Mandelblüte auf dem Hügel vor dem Hotel und bleiben einen Tag.


Achim ist zum dritten Mal unterwegs wegen unseres Freundes, dem Reifen hinten rechts. Die Luft in seinem Inneren behagt ihm einfach nicht.
Derweilen, wie in alten Zeiten, spazieren vier Hundehalter mit sechs Hunden über die Hügel am See.
Und was treffen wir doch tatsächlich zur Freude (fast) aller? Einen Hasen!

Outdoor, das über Picknick hinaus geht, liegt Iranern einfach nicht.
(Siehe Schuhwerk)

Am Tag darauf kriechen wir über den Gardane-Wadoush-Pass.

Und landen bald, wieder auf 1900 Höhenmetern, in einer Stichstraße, welche zum Chekan-Wasserfall führt:

Auf der Wanderung zum Wasserfall ein außergewöhnliches Bild, auf Grund der prekären Situation leider nicht abgelichtet: Wilder Esel jagd Jagdhund. Gizmo rennt wie der Teufel.
Ob das wohl an einem überschießenden Testosteron-Spiegel lag?

Schau genau!

Wir kommen dennoch wohlbehalten am Chekan-Wasserfällchen an.
Brücke Iran mit Sicherheitsstufe 1a:

Der nächste Tag, der nächste Wasserfall: Abshar-e Taf. Und das bei Traumwetter.
Unten im Tal sehen wir das Hinweisschild, hinauf weisend über eine steile Geröllstraße zum Besagten, mit 786 Metern der höchste im Iran.
Nach kurzer Vor-Inspektion zu Fuß rumpeln die Autos hinauf auf ein Plateau.
Schöner geht nicht!
Wir richten die Liegestühle Richtung Wasserfall aus. Man kann sich blöde gucken.
Nein, hier gehen wir so schnell nicht wieder weg….

Steile Erkundungen:

Der Mai naht….
Es wird warm, wir sitzen viel draußen und brutzeln uns am Abend fangfrische Fische knusprig.

Natürlich bekommen wir auch hier oben Besuch:

Der alte Gizmo verlässt seinen „Kuh-Ausguck“ nur selten:

Mal eben da hoch wandern zum Ursprung des Wasserfalls….
Das entpuppt sich als steile Tageswanderung über Stock und Stein. Zusammen mit Martin und Pepe, dem Kraxler:

Allerdings mit lohnenswertem Ende.

Ja wo stehen wir denn??

Auf die Blüte der Kaiserkronen muss man noch warten:

Die Straße Richtung Sepiddasht ist einmal wieder traumhaft schön. Wir können die Strecke richtig genießen mit vielen Zwischenstopps, dank der Murmeltiere. Die nämlich haben ein elektronisches Problem mit dem Startvorgang. Sprich: Der „Bau“ springt nicht an.
Das Abschleppseil muss her und wir hoffen, in Sepiddasht einen tauglichen Mechaniker zu finden. Und so wird es eine lustige Fahrt: Die Strecke führt vorwiegend bergab. Allerdings nicht immer. Und so ziehen wir die Defekten die Hügel hoch um sie oben frei zu lassen, woraufhin Martin sich vor uns rollen lässt bis zum nächsten Teilstück bergauf.
Und das mit enormer Geschwindigkeit, schließlich muss man Schwung holen.
So zischen die Murmeltiere vor uns die Serpentinen hinab. Fast wird die Schräglage erreicht. So schnell waren die noch nie!!
Ein Bild für die Götter.

Nun ja. In Seppidasht das gewohnte Bild: Etwa zwanzig Iraner um das defekte Auto herum, wild diskutierend auf Farsi, jeder schraubt irgendwo herum und ich persönlich sehe keinen nahenden Erfolg.
Irgendjemand schließt schließlich die Wegfahrsperre kurz und im Notprogramm kommen wir schließlich doch da hin, wo wir hin wollten:

Auf eine naheliegende Bergkuppe. Rundumblick, von blühenden Wiesen aus auf die Bergwelt.

Und man sollte es nicht glauben: Für eine Erste-Mai-Wanderung zum Bisheh Wasserfall ist es tatsächlich zu warm. Also nur eine abendliche Tour ins Tal:

Zur legendären Bahnstrecke aus dem Jahre 1938:

Frühstück wie beim Bergdoktor:

Man kann es sich gar nicht mehr vorstellen aber vor gar nicht langer Zeit war hier „Land unter“. Man erahnt es noch an den vielen defekten Straßen, provisorisch gekennzeichneten Abbruchkanten, weggeschaufelten Erdrutschen und geschaffenen Umleitungen.

Und da sind wir mal wieder: Destroying the world.
Tja, das Wombat ist breit und schaufelt sich durch einen Erdrutsch, der für die Normalbreite eines Autos schon freigeschaufelt wurde.

Wir wühlen und verteilen die Erdberge ordentlich hinter uns, rollen aber schließlich matschig und zufrieden weiter. Nichtsahnend, was hinter uns passiert.
Die Murmeltiere klären uns über Funk irgendwann auf, dass sie wohl etwas länger brauchen. Man müsse mit der Schaufel zunächst sich selbst und einen Krankenwagen aus den Folgen unserer Umverteilung befreien…..

Weiter Richtung Khorramabad erreichen wir die Grit Wasserfälle. Na ja, nicht ganz. Dieser Felsvorsprung ist nicht Wombat gerecht und nötigt uns zum Parken etwas oberhalb des Naturschauspiels.

Auch hier trotz Nieselregens: Picknick an den besten Stellen.

Heute trennen wir uns von den Murmeltieren. Die fahren nämlich weiter Richtung Tehran. Wir bleiben im Westen.

Wir vier landen in der Hauptstadt von Lorestan, in Khorramabad.
Zeit für Luxusgüter: Haferflocken, Meersalz und Spülschwämme 😉
Und für einen Gesundheitscheck der „alten Männer“.
Blut wird gezapft, Achims Schilddrüse eingestellt und die Hundegesundheit kontrolliert.

Auf den Straßen Khorramabads im Nachmittagsverkehr:
Zwei Spuren stehen zur Verfügung. Pro Verkehrsrichtung. Autos überall, zu viert nebeneinander auf den zwei Spuren, quer, verkeilt, hupend. Von vorne Geisterfahrer, sich irgendwie durchmogelnd. Achim tuckert wohlweislich auf der linken Spur denn rechts herrscht Ausnahmezustand. Da stehen nämlich noch die Gemüsestände und manchmal Esel und anderes Getier. Und die Mopeds Achten knatternd überall.
Ein Rums, der linke Außenspiegel klappt nach vorne und ist zerschmettert.
Ich habe weiße Fingerknöchel vom Festklammern da knarrt es direkt neben mir, zerberstendes Blech, ein Schabegeräusch, ein akustischer „Hochgenuss“, Nackenhaare stehen waagerecht.
Da wollte sich mal wieder einer von rechts vorbei drängeln und hat mit dem stoischen Vorwärtsdrang unseres Monstrums nicht gerechnet. Tja. Ein Polizist steht gerade da und winkt den Zerbeulten unwirsch weiter, uns dafür umso freundlicher. Den Durchmogler treffen wir nach zehn Metern Vorwärtskommen bei der Begutachtung seines Schrotthaufens wieder. Die Heckpartie ist zerbeult und aufgeschlitzt. Und was tut er? Er lächelt uns zu und schüttelt mit dem Kopf.
Achim lächelt zurück und bessert seinen unbedeutenden Schaden am nächsten Tag mit einem Lackstift aus.

Den Kampf um eine funktionierende Telefonkarte lasse ich Achim am zweiten Tag selbst ausfechten. Er nimmt ein Taxi. Ich bleibe mit den Hunden unter Kühen und Schafen auf einer naheliegenden Alm stehen. Unweit einer bedeutenden Höhle, an welcher wild nach den Spuren der Neandertaler gebuddelt wird.

Wir wandeln in die Höhle und begeben uns auf interessantes Terrain:

Am Abend auf unserem nächsten Stellplatz Richtung Kurdestan erreicht uns eine schauerliche Nachricht des Tierarztes: In Gizmos Blut wurden Dirofilarien nachgewiesen. Herzwurm, eine Horror Diagnose, zurückzuführen auf die Bilder in meinem Kopf von zentimeterlangen Würmern, die aus dem Gefäßsystem um Herz und Lunge herausgepopelt werden….
Vorab: Keinen Schreck bekommen! Das Ganze hat sich schließlich in der Türkei entschärft (dazu mehr im nächsten Blog Bericht)
Aber zunächst herrschte hier Aufruhr: Recherchen, Nachfragen, Kummer..
Tja. Je mehr der Mensch Kummer hat, desto mehr hat der Hund Kummer und wirkt folglich immer kränker 😉 Hinzu kommt, dass bei einem über acht Jahre alten Ridgeback nicht zu unterscheiden ist, ob er tod krank ist oder einfach nur stinke faul.

(Ich kann hier wieder Witze machen aber unsere Stimmung war im tiefsten Keller.)

Um es kurz zu machen:
Wir haben Pech mit unserer Klinik.
Sie kostet Nerven, diese Zeit der endlosen Nachfragen, ob unsere Laborwerte zur Bestätigung der Diagnose aus Tehran nun eingetroffen wären. Warten würden wir noch heute auf Werte, die von dem “netten” Dok nie angefordert wurden…
Heil froh bin ich, mit mikrobiologischen Kenntnissen ausgestattet zu sein. Sonst wäre man hier völlig aufgeschmissen.

(Ich schreibe dies in der Türkei, wo es endlich möglich war, einen Herzwurm Antigen Test machen zu lassen. Der war negativ! Bis heute weiß ich nicht, ob die vermeintlichen Dirofilarien gefärbte Fussel oder eine apathogene Art waren. Wir werden das wohl noch in Ankara endgültig abklären.)

Wir machen uns zügig auf den Weg in die Türkei, wo die Veterinärmedizin einen höheren Stellenwert hat und erreichen das Gebiet der Kurden:

Kurdestan, einmal wieder ein „anderes“ Iran. Die Tracht, die Sprache, die Mentalität, die Dörfer und Städte.
Es folgt eine Fahrt durch das legendäre Howraman Tal, steil und bergig. Die Dörfer sind erhalten dank uneinnehmbarer Lage in der früher viel umkämpften Region – ein spektakulärer Landstrich.

So oft wird geschwärmt davon, es ist schon atemberaubend hier, allerdings eine Strecke für Auto-Sightseeing a la Iraner. Mit Stellplätzen haben wir uns schwer getan, alles ist sehr steil.

Noch vor Paveh:

Wir wühlen uns durch Paveh …

… und machen den Schlenker in das Howraman Tal.

Der Diyala Fluss unterhalb der Staumauer:

Und schließlich kommt man sich vor wie am iranischen Lago Maggiore:

An steilen Hängen kann man nun mal nicht nächtigen und so finden wir erst am Nachmittag einen Stellplatz mit Blick auf den See, der unter uns gerade seinen Anfang nimmt.

Mit einem Makel: Kampf Kühe!
Achim parkt gerade noch ein, da stürmt eine nicht liebliche Herde Milchkühe mit einer Wolke Fliegen über den Häuptern auf unsere Hunde zu. Es ist ausnahmsweise nicht den jagdlichen Vorlieben der beiden zuzuschreiben, dass das Chaos ausbricht.
Nachdem der Kampfknirps da steht wie ein kleiner Schwarzenegger und die Herde ankläfft, zischt er nach einem Frontalangriff des Huf-Bataillons in die Bäume und ward eine Stunde nicht mehr gesehen. Gizmo, der strategische Verteidiger muss das natürlich wieder ausbaden, übernimmt die Führung und erntet einen Einkesselungsversuch schnaubender Eutertiere.
Mir ist mittlerweile mulmig und ich höre mich noch rufen: „Lauf, Gizmo lauf!“ während Achim endlich langsam aus dem Fahrerhaus krabbelt und mit einem „Ho Ho“ sein Bestes versucht.

Am nächsten Tag schrauben wir uns weiter hoch:

Erreichen das Dorf Slyn:

Wieder über Serpentinen…

… über eine Brücke zum Quellwasser….

… gelangen wir zu einem grandiosen Stellplatz:

Eine Sackgasse:

Nur ein Fußweg führt weiter, an Wasserläufen entlang durch ein Dorf im Wald wie von Robin Hood geschaffen. Es eröffnet sich uns schließlich ein toller Blick auf unseren Stellplatz:

Wir erreichen Marivan:

Hoch oben auf einer grünen Bergkuppe stehen wir mit Blick auf den See. Zum Pausieren. Und tatsächlich trudeln irgendwann die Murmeltiere ein und haben für die folgenden Tage die gleiche Route.

Gemeinsam geht es weiter: Großrichtung Sagez.

Stellplatzsuche erfolgreich:
Bachlauf, Quelle, Schatten unter Bäumen, blühende Wiese – alles da!

Und da war er wieder: Der Makel!
Diesmal in Form des gemeinen Wadenstechers.
Und den gibt es wirklich! Stomoxys calcitrans sieht aus wie eine gewöhnliche Stubenfliege doch saugt sie mit ihrem Rüssel tatsächlich ganze acht Minuten an ihrem Opfer herum bevor sie gesättigt von dannen summt. Wenn man sie nur lässt.
Und so schlagen wir unaufhörlich an unseren Beinen herum, können aber nicht verhindern, dass wir am folgenden Tag von Großzehe bis Kniegelenk aussehen wie an Pocken erkrankt.

Die Hunde verweigern den Aufenthalt im Grünen. Das geschaffene, hundegerechte Schutzareal, bestehend aus Hundebett, Moskitonetz und Sonnenschirm wird lediglich von Wadi und Pepe angenommen. Lord Gizmo verweigert jegliche Auseinandersetzung mit der feindlichen Außenwelt und hütet das Sofa im Wageninneren.

Die Strecke von Marivan Richtung Saqez: Ein Traum. Es geht über einen Pass. Mountainbiker, Picknick und Zelte, ein unbeschreibliches Grün und Stellplatzmöglichkeiten überall.

Kurz vor Mahabad im Grünen sagen wir schließlich endgültig (oder vielleicht vorerst) Ade zu den Murmeltieren. Mit Sicherheit sehen wir die Drei irgendwann, irgendwo wieder.

Mein Wanderkollege macht sich vom Acker, wir werden das Lachen von Christina vermissen und den Wadi Hund.
Fast des Schwiiitzer-Dütschs mächtig winken wir am nächsten Morgen zum Abschied.

Für uns geht es weiter Richtung Urmia See.

An einem kleineren See „on the way“:

Und an dieser Stelle könnte man einen typischen Zwischenstopp im Lande der Iranischen Willkommenskultur beschreiben:
(Ohne negative Bewertung aber eben einfach nur typisch…)

Wir tuckern in eine Seitenstraße. Eine Ruhepause wollen wir einlegen.
Pause ist möglich. Mit der Ruhe ist das so eine Sache.
Wir kommen zum Stehen. Nichts außer Feldern, Bäumen und Büschen. Vogelgezwitscher, Froschgequake. Prima.
Nach einer Minute: Das erste Auto trifft ein. Eine Familie heißt uns willkommen. Fotos mit dem Handy. Selfies. Kleinkind will Pepe am Schwanz ziehen. Opa sieht Auto von Innen an.
Nach fünf Minuten: Das zweite Auto trifft ein. Eine noch größere Familie. Gruppenfoto. Selbstauslöser, Selfies.
Nach zehn Minuten: Trecker trifft ein. Kommt zum Stehen und lässt selbstverständlich den Motor laufen.
Dritte Essenseinladung.
Nach einer halben Stunde: Menschentrauben um das Wombat im Dieselgestank.
Wir beschließen dann meist, mit den Hunden einen Spaziergang zu machen und schlappen los, quer durch die grüne Wildnis.
Da kann kein Iraner mithalten. Denken wir.
Von der Ferne sehen wir, dass sich das Menschenaufkommen langsam auflöst, da rennt doch tatsächlich ein Ehepaar von der anderen Seite quer durch ein Weizenfeld auf uns zu, das Handy in der Hand, euphorisch rufend. Eine Zehenlatsche bleibt an den Ähren hängen…..

Später erreichen wir den Urmia See, so salzig, dass man nicht untergehen kann, eine schier endlose Weite.
Wir kommen am nördlichsten Ende zum Stehen und bleiben: Inmitten Feldern aus duftenden Kräutern mit Blick auf das Wasser.

Und einem Hauch Christentum:

Am 21. Mai schließlich überqueren wir den Grenzübergang Kapiköy und verlassen Iran Richtung Türkei. Wo sind die zwei Monate in diesem Land nur geblieben?

Wie gewohnt muss ich am Grenzübergang wieder aussteigen und die Passkontrolle zu Fuß bewerkstelligen während Achim mit den Hunden den Zoll meistert. Äußerst streng und modern mit Ganzauto-Röntgenbild und sogar ein Spürhund wird eingesetzt. Der schlägt prompt Alarm. Seine Nase findet mein Stau Fach in zweiter Etage mit Vorräten an Kräutern und Gewürzen…….

Da stehe ich nun hinter dem Schlagbaum und gucke aus der Ferne zu.
In der Türkei, unter vielen Türken.
Und was passiert?
Doch tatsächlich Nichts!
Niemand will mich fotografieren.
Keine Menschentraube um mich herum.
Nein, ich stehe einfach nur da.
Und atme doch ein wenig auf.

Nur meinen roten Stoffschlauch auf dem Kopf, den ziehe ich noch nicht ab. Ich würde mich sonst sicherlich kahl fühlen;-)

Unsere Gedanken zum Iran:

Insgesamt waren es vier Monate, die wir im Iran verbrachten.
Zwei davon im letzten Jahr von Armenien bis zum Persischen Golf und zwei durch den Westen zurück Richtung Türkei.

Mit Sicherheit stellen wir den Rekord auf, die am wenigsten abgelichteten bunten Mosaike aufzuweisen in so langer Zeit hier als Tourist.
Dafür haben wir mehr grandiose Naturwunder erlebt.

Die erfreuliche Tatsache, dass wir für etwa 6.500 Km zurückgelegte Strecke umgerechnet 260,- Euro Dieselkosten aufwenden mussten wurde bereichert durch die unglaubliche Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Iraner.
Geschätzt 100.000 mal abgelichtet wurden wir mit Handys in Form von Selfies oder Gruppenfotos,
Gefühlte 100.000 mal wurden wir zum Essen eingeladen.
„Come to my home“ haben wir fast täglich gehört.
Bei allen Situationen, die Hilfe erforderten half nicht Einer sondern gleich Dutzende und das innerhalb von Minuten.
Und das in einem Land, zu dem uns viele zu Hause sagten: „Seid Ihr Euch da sicher?“

Ungeachtet dessen,
dass es überall schwarze Schafe gibt,
dass man in diesem Land nicht unbedingt ein Hund sein möchte, es sei denn, man hütet Schafe,
dass uns die herzliche Willkommenskultur manchmal zu viel wurde und Pepe wegen der Grapsch Hände zum „Don Krawallo“ mutierte:

Wir haben die Menschen mit ihrer Herzlichkeit kennengelernt. Die Politik lief erschreckend neben uns her.

 

Irans bergiger Westen: Von Bandar Abbas Richtung Kurdistan

24. März 2019:
Nach einer wahren Begebenheit in der Menschenschlange vor der Passkontrolle in Bandar Abbas:

Um es vorweg zu nehmen: Die Fahrt durch den bergigen Westen Irans hat uns versöhnt mit dem Land. Wir erleben Naturschauspiele, lassen uns ganz langsam treiben durch die Bergwelt im Frühling, größtenteils im Beisein von Christina und Martin mit Hund Wadi und begegnen dem Iran mit viel mehr Ruhe. Alles ist unkomplizierter, ungezwungener unter der Dorfbevölkerung. Wir wandern und erkunden viel und man soll es nicht glauben: Alles, was verschwindet kommt tatsächlich zurück.
Nur das mit den Pannen…..

Und jetzt von vorne, noch in Sharjah, den Emiraten:

Letztendlich war es wohl eine glückliche Fügung, dass die Dienstag-Fähre nach Bandar nicht, wie im Fahrplan angepriesen, ausgelaufen ist. Wären wir sonst genau in ein schreckliches Unwetter geraten, welches den Iran heimgesucht hat. In der Gegend um Shiraz kam es zu etlichen Todesfällen, Autos wurden förmlich durch die Straßen gespült, übereinander und untereinander, zum Glück ohne das Wombat.

Der letzte Tag unter Wolkenkratzern, Ferraris und Lamborghinis:

„Ich habe keine Lust mehr auf die Wolkenkratzer“       „Ich auch nicht“

Bekanntes Terrain eines Bootshundes:

Die Abfertigung am Hafen:

Vier Autos, das sind die „Paulas“, die „Murmeltiere“, Rene mit Brigitte und das Wombat stehen auf dem Unterdeck. Sonst niemand.

Die Ausläufer des Unwetters bescheren uns hier eine unvergessliche Nacht. Es scheppert und knarrt und kracht wenn Wellenbrecher an den Bug schlagen. Ich drücke mehrmals die Hand meines Gatten in dieser Nacht.

Es gibt, von unseren Hunden mal abgesehen, tatsächlich ein Paar unter uns Vieren, welches die Nacht durchschläft…

Gabi bemerkt am nächsten Morgen treffend: „Nich nur eenmool hab ich gedacht, dass der Kutter ooseinander bricht!“
(oder so ähnlich 😉

Nun ja. Wir sind angekommen in Bandar Abbas. Und das am deutschen Frühlingsanfang und Iranischem Neujahr.

Begeben uns nach den bürokratischen Mammut-Formalitäten, die wir so langsam gewohnt sind schnurstracks an den bekannten Stellplatz am Park um die Ecke um einen letzten Abend zusammen zu verbringen. Da war es recht ruhig vor drei Monaten…
Im Iran feiert man jedoch das Neujahrfest. Wir sitzen inmitten unserer Wagenburg wie auf dem Oktoberfest. Dennoch lachen wir uns am Abend krümelig über die unheilvolle Aneinanderkettung der Wombat-Pannen, vom Überrollen unseres Inventars bis hin zur Fischerhütte, die uns begrub.
Alle sind nachträglich erleichtert, die Fährfahrt gemeinsam mit uns an Bord ohne Versinken überstanden zu haben und man trennt sich am nächsten Morgen überschwänglich.

Am nächsten Tag endlich, ja eeeendlich raus aus den Großstädten. Über die Berge, nahezu die Fluglinie Richtung Shiraz, bleiben wir nach kurzer Fahrt an einem Flussbett stehen und starten eine Entsandungs-Orgie des Wombats.
Ungewohnte Geräusche: Ein Kuckuck!
Ungewohnte Farben: Es grünt!
Ein langer Spaziergang über Hügel, durch Felder unter Grillenzirpen und dem Geflatter tausender Schmetterlinge – wir atmen durch!


Mit unzähligen Powermagneten und hitzestabilem Fußbodenklebeband optimierte ich noch in Dubai unsere Barriere gegen lästige Flugobjekte, in weiser Voraussicht…

Wir sind nun gewappnet mit einem panzermäßig gesicherten Fliegengitter für den Süden Irans und dessen unermesslichen Schmeißfliegenaufkommens.
Und nun? Wo sind sie denn?


Wir fühlen uns wohl. Die ansässigen Menschen, wie wir es vom Iran gewohnt sind, herzlich und hilfsbereit.  Auch bezüglich unserer Hundehaltung entschärft sich ein Treffen mit Einheimischen. Unsere Hunde werden nicht bestaunt wie ein Elefant im Pfälzer Wald, nein, man kennt sich aus oder hat selbst welche. Da hier die Schafs- und Ziegenherden beschützt werden müssen. Hundegebell um uns herum – es hat doch etwas gefehlt!

Ein schöner, für uns im Iran ungewohnter Anblick: Ein älterer Hirte passiert in Begleitung seines Hundes unseren Wombat und begrüßt unsere beiden Vierbeiner herzlich.
Er überreicht uns ein Büschel frisch gepflückter Kamille. „good for…“ und er streicht sich über den Magen.

Wir machen langsam. Ein Besuch des Hayegher Canyons steht auf dem Plan, allerdings erst nach Beendigung der Ferien und des Massenaufkommens.

Man kann aber auch überall einen Abstecher in die Natur machen und einfach stehen bleiben.
Wie sehr man sich doch an einer grünen Wiese und blühenden Blumen erfreuen kann…

Überall blüht der Raps. Ungewohnt für uns allerdings im Beisein von Palmen 😉

Schließlich erreichen wir an einem Samstag den Hayegher Canyon.

Wir tuckern bei sonnigem Wetter die Serpentinen hinauf, wühlen uns durch unzählige Picknick Gelage und machen Halt ganz am Ende in der Ruhe mit Blick auf den Beginn des Canyons. Morgen, am Sonntag sind alle weg. Dann kommen wir!
Doch es erwartet uns nach dem Erwachen etwas völlig Ungewohntes: Dauerregen.

Schade, aber wir genießen dieses Naturschauspiel trotzdem am Nachmittag in einer Regenpause. Ein Trost: Ein herrlich wildes Rauschen in der Tiefe des Canyons.
Am Grat hier entlang zu laufen fordert die Hormone heraus. Bilder können nicht wieder geben, welche Tiefe sich direkt vor und unter einem auftut.

Da unter dem hiesigen Volk das Wort „hiking“ ein Fremdwort ist und man sich darauf beschränkt, im Pick Up Familie inklusive Kühlschrank in die Berge zu fahren um sitzend Picknick zu machen, ist man beim Laufen Mutterseelen allein. Ich wähle die Seite des Canyons ohne Straße, sprich ohne Picknick und laufe auf Ziegenpfaden am immer steiler werdenden Canyon entlang. Der Weg könnte es mit dem besten Europäischen Wanderweg aufnehmen können. Sensationell.

In diesen Tagen findet hier ein internationales Spektakel statt. Am schönsten Aussichtspunkt wagen sich Irre aus allen Ländern über schwingende Spannbänder.

„Keep calm and practic slackline“

Unter Ihnen über 400 Meter Abgrund und das über Distanzen, dass es einem graust.

Achim ist „kurz“ davor, es auch zu versuchen 😉

Man muss schon Herr über seinen Geist sein, um so etwas zu bewerkstelligen.
Wir waren zu spät, man war schon am Abbauen. Lediglich zwei „Anfänger“ versuchten sich auf dem kürzesten Stück aber ihr Geist wollte wohl nicht so richtig…..

Es folgt Shiraz. Leider bei bedecktem Wetter.
Man sollte sich bestens informieren über die Feiertage im Iran. Deren gibt es viele, viele. Sonst steht man da und alles hat geschlossen. Die Rosa Mosche mit ihren herrlichen farbigen Kacheln ist immer ein Highlight eines Shiraz Besuchs. Allerdings eher bei Sonneneinstrahlung durch die Fenster und Voraussetzung wäre auch, dass sie geöffnet hat……

Nun ja.
Das Mausoleum des Sayyed Mir Mohammad hat geöffnet:


Besonders hervorzuheben sei hier das bezaubernde Outfit der weiblichen Touristen aus China. Die bunte Einheits-Tracht könnte nicht vorbildlicher sein, was die Kleiderordnung für Frauen im Iran angeht.

Am heutigen hohen Feiertag begrüßt man den Frühling und jeder Iraner, aber auch jeder, fährt mit  vollgepacktem Auto und Grasbüscheln auf der Motorhaube in die Natur. Um was wohl zu machen? Picknick!

Ein fast schon vergessenes Phänomen hält uns deshalb ab vor der Persepolis-Besichtigung: Stau!

Zum Stehen kommen wir schließlich auf der anderen Talseite am Fuße eines prächtigen Bergmassivs nahe Naqsh-e Rostam. Dabei handelt es sich um vier Felsgräber mit sassanidischen Steinreliefs. Hier sollen angeblich ruhen: Dareios II, Artaxerxes I, Dareios I und Xerxes I. Aber so einig ist man sich da nicht.

Wir jedenfalls, noch äußerst lebendig, parken unweit der Toten vor dem Berghang und setzen uns der sinnflutartigen Bestürmung der iranischen Bevölkerung aus.

Man wäre zwanzigmal eingeladen, den Hungertod stirbt man als Tourist nicht in diesem Land, jedoch nur eine Einladung kann man annehmen.

Wir freuen uns: Die „Murmeltiere“ gesellen sich wieder zu uns:

Des Morgens Unmengen an blökenden Schafherden, die uns passieren.

Die Besitzansprüche werden eindeutig geklärt:

Ach ja. Dann haben wir natürlich noch die Gräber besichtigt:

Der Spuk ist vorbei, die Straßen sind wieder leer, wir besuchen Persepolis.
Durch das Tor des Xerxes hinein in die Kultstätte:

Auch mit „Späßchen“:

Kultur macht müde. Eine kurze Strecke in die Berge hinein gen Westen:

Hier an diesem Ort werden wir Opfer des zweiten „Handy-Klaus“. Nach Ausschlussverfahren erfolgt eine eindeutige Identifizierung des Täters. Das einzige Mädchen, dem wir kurz das Wombat von innen zeigten. Sehr kurz. Sie war flink.
Wir trotteln ins Dorf und diskutieren heftig mit Hilfe unserer Übersetzungs-App. Das Dorf ist in Aufruhr, man lädt uns zum Tee ein und beim Nachhauseweg folgt uns die verstörte Überführte und gibt uns reumütig das Handy zurück. Sie wird wohl nie wieder klauen!
Wir lernen, keine Führungen und Verführungen mehr!
Treten wir etwa in eine neue Phase ein?  Erhaltung statt Verlust…..

Die Einheimischen aus dem Dorf besuchen uns später mit einem Picknick Korb. Es wird ein lustiger Abend mit Safran Tee und viel Gelächter.

Mein erster Morgen seit Reiseantritt mit leicht verschnupfter Nase 😉

Unseren Hunden wird es so langsam langweilig. Alle Herden sind doch tatsächlich bewacht!

Unser nächstes Ziel: Ein Stausee (Tange baragh river)
Achim versucht zunächst einmal wieder seine Grenzen auszuloten. Diesmal in Schrägfahrt. Das kann sich niemand ansehen, ich laufe!

Zum Stehen kommen wir dann allerdings hier, um die Ecke. Nach einer irrsinnigen Schwüle mit Gewittern und nächtlichem Hagel segnet uns der nächste Tag eine herrlich klare Luft.

Das ist die Frühstückskultur der „Murmeltiere“:

Ein Wasserfall namens „Lost paradise“ soll unser nächstes Ziel sein. Wir wissen schon, warum wir touristisch erschlossene Plätze eher meiden. Plastik Fetzen hängen an den Wurzeln im fließenden Wasser. So viel zum Thema „lost“.

Dennoch imposant. Wir laufen durch die Pools:

Und bleiben auf einem naheliegenden Wiesenstück noch einen weiteren Tag stehen.
Ich erfreue mich an einem Wanderkollegen: Martin schultert mit mir den Rucksack und ab geht es bei typischem April Wetter mit den Hunden an der Schlucht entlang.


Auch Achims Kondition wird immer besser.

Allerdings werden unsere leichten, abendlichen Spaziergänge alle zehn Schritte unterbrochen von energischem Auspusten an Luft um einem anaeroben körperlichen Zustand vorzubeugen.


Bevor es weiter geht: Entschlammung am Brunnen. Es gibt sie tatsächlich noch: Echte Kavaliere!

Und das im Iran. Man reißt mir die Wäsche aus der Hand:

Wir fahren nicht wie Jedermann, lassen den bekannten Margoon Wasserfall links liegen und wählen eine schmale Straße Richtung Tange Boragh Wasserfall.
Wir lernen dazu: Die niedlichen, weißen Straßen in der Länderkarte können sich auf vielfältige Weise offenbaren: Als vierspurige Schnellstraße bis hin zu solch einem Matschvergnügen:

Nach der Schlammschlacht erreichen wir die Schlucht zum Boragh Wasserfall. Der Platz sagt uns nicht zu. Es war die beste Idee, eine weitere Runde außenherum zu drehen, oberhalb des gestauten Sees auf den grünen Hügeln stehen zu bleiben und die Schlucht von oben zu erkunden.

Keine Menschen Seele, kein Müll nur die Schafe und wir!

Ein gemeinschaftlicher abendlicher Spaziergang offenbart uns, wo wir hier gelandet sind. Sensationell!

Wir beschließen, einen Tag dran zu hängen und machen uns am nächsten Morgen wieder auf die Socken. Höhenängste überwindend am Grat entlang. Ein Naturschauspiel, das touristisch nicht an die große Glocke gehängt wird.

Typisches April Wetter haben wir. Man sagt, für die Jahreszeit ungewöhnlich nass und kalt.
Man signalisiert die Bereitschaft für eine Wolldecke:

Auf der Weiterfahrt. Das Zagros Gebirge wird immer schöner.

Die Frauen in bunter Tracht statt in schwarzem, allesverhüllendem Stoff.
Landwirtschaftlich geprägte Natur.

Nomaden, die mit ihren Herden und der Natur eins sind.
Und das vertraute Bellen und die Besuche der Hütehunde oder der Wilden in den Abendstunden. Hunger scheint hier keiner zu leiden von ihnen. Also den Hunden.
Wir lernen den Iran von einer anderen Seite kennen.
Und genießen.

Achim und seine Hupe:
Ich glaube, wir haben schon drei an Bord aber es muss eine Neue sein. Eine Laute. Billig im Iran erhältlich.
Drei Stunden in Jasuj haben wir schon gebraucht um endlich unseren aufgeschlitzten Reifenmantel kleben zu lassen. Und dann noch die Hupe.
„Das dauert nur eine halbe Stunde“ sagt Mann. Frau wartet. Und das weitere drei Stunden.
Unermüdlich kraxeln Männer auf dem Wombat herum bis alle Anschlüsse stimmen und dann die Ernüchterung: Zum Wombat würde ja ein tiefes Dröhnen passen dachte ich mir so.

Es rollen sich einem fast die Fußnägel auf vor Schreck. Die Hupe klingt wie Frosch Kermit (wer ihn noch kennt) kurz vor dem Abschlachten. Man erschrickt zu Tode.
Aus der Stadt hinaus erprobt mein Mann freudestrahlend seine Errungenschaft und ich bestehe darauf, vorgewarnt zu sein. Ich hoffe, alle älteren Fußgänger haben das überlebt.

Schließlich erreichen wir am Abend, zusammen mit den „Murmeltieren“ den Dena Nationalpark.
Die weißen Viertausender hinter grünen Wiesen. Noch ziemlich weit unten erholen wir uns erst einmal vom „Hupen-Stress“.

Am nächsten Morgen erwartet uns Kaiserwetter und wir fahren die Serpentinen hinauf.

Mit Martin breche ich kurzentschlossen zu einer Wanderung auf, die eigentlich gar nicht geplant war. Das Frühstück schon lange verdaut, lediglich eine armselige Flasche Wasser und natürlich Hundefutter im Rucksack.

Meine Gedanken sind schließlich bei Tortellini in Sahnesoße und Schwarzwälder Kirschtorte. Alles dabei bis zur Bockwurst. Als ich mir schon überlege, ob man Eicheln essen kann, kommt das Unerwartete: Am Bachlauf ganz weit draußen in der Natur vier Einheimische. Picknick! Und die müssen tatsächlich zu Fuß hierhergekommen sein.
Und diesmal, aber auch wirklich nur diesmal nehmen wir die Einladung an, der Hühnchen Spieß schreit zu verheißungsvoll nach mir. Ich öffne beim Kauen meinen leeren Rucksack und zeige ihn vor, mache eine Mimik wie kurz vor dem Verenden, beiße in das Huhn und zeige imaginäre Bizeps. Man versteht mich voll und ganz und füttert weiter.

Gut gelaunt, gestärkt und ohne Kräfteverfall  wird es eine tolle Wanderung mit atemberaubender Kulisse!

Wombat und Murmeltier-Bau stehen am Berghang vor einer Schranke denn ohne Permit (mal wieder) darf man hier gar nicht rein in den Nationalpark. Ob das auch für das Wandern gilt, da sind wir uns nicht einig…..

Am Abend grillen wir frisch gefangene Forelle und die Füchse heulen um uns herum. Gizmo ist wieder in seinem Element!
Weiter oben gibt es hier auch Braunbären, Leoparden, Wölfe, Wildkatzen, Dachse und anderes Getier. Viel weiter oben, so beruhigt man uns lächelnd.

Da hatten wir ein Glück mit unserer Wanderung mit Kaiserwetter. Am nächsten Tag rollen wir hinunter auf eine Art Alm und begucken uns das Bergmassiv aus einer anderen Perspektive. 
Unter Picknickern.
Es ist Freitag!
Ein Gewitter rollt an und es kühlt ab auf 6 Grad Celsius. Wir sitzen im warmen Wombat und bestaunen die Hartnäckigkeit der iranischen Bevölkerung aus dem Fenster heraus.

Am Abend haben sie alle aufgegeben. Wir genießen die Stimmung nach der Kaltfront:

Brot: Frischer geht nicht!

Am nächsten Platz der Dena von der anderen Seite:

Ich entführe Christina einmal wieder meinen Wanderkollegen:

Von 2000 Höhenmetern auf 800. Von 8 Grad Celsius Außentemperatur zu 30 Grad in der Sonne.
Eine herrliche Strecke von Lordegan Richtung Westen. Zwar schlaglochträchtig, dennoch atemberaubend!

Der Karun schlängelt sich türkisblau hier entlang und wird durch die vielen gigantischen Staudämme mit Wasserkraftwerken an vielen Stellen zum See.

Heizung wird ausgetauscht gegen Ventilator. Eine Affenhitze!

Auch hier Ziegen- und Schafsherden ohne Ende. Man kann förmlich die Sprechblasen über den Köpfen unserer Hunde und den Hütern der Herden lesen.
„Meine!“ „In Ordnung. Deine!“
Alles völlig eeeeentspannt.

Die Straße weiter Richtung Izeh ist landschaftlich sensationell, man muss jedoch aufpassen, dass man sich beim In-der-Nase-Bohren nicht den kleinen Finger bricht. Wir werden durchgeschüttelt vom Feinsten. LKWs rollen hier die Straße krumm und löchrig und dazu kommt noch der uns entgegen kommende „Almauftrieb“. Unendlich viele Schafsherden werden in die Höhen des Gebirges getrieben. Das natürlich auf der Straße.

Die ärmeren Hirten begleiten ihre Tiere zu Fuß.
Die Mittelschicht nimmt das Moped und besitzt Hunde.
Die Reichen lassen ihre Wolltiere auf einen LKW gepfercht hinauf kutschieren.
Ein einziges Chaos.

Unsere festgezurrte Leiter an der Außenseite macht die Flatter. Ein Schlagloch war wohl zu viel. In einem Tunnel fliegt sie von dannen und Achim kann sie zu Fuß gerade noch retten vor dem Wechsel ihres Besitzers. Ein Iraner hatte sich schon gefreut und sie auf sein Autodach geschnallt.

Wir machen Schüttelpause an einem gigantischen Staudamm mit Aussichtspunkt:

Und verbringen des Rest des Tages und die Nacht an dem geschichtsträchtigen Platz Kul Farah, bei Izeh, unter Werken eines Volkes, welches vor über 3000 Jahren hier werkelten. Sechs elamitische Steinreliefs kann man hier bestaunen. Ein offenes Heiligtum, eines der größten Werke dieser Art und wenig besucht. Sogar wir Kulturbanausen empfinden Ehrfurcht.

Ja und Auslauf brauchen wir auch. Wobei alles seine Grenzen hat:

Der Kreislauf von Mensch und Hund wird auf die Probe gestellt. Ein ewiger Rhythmus: Sonnige Kaisertage, Hitze-Tage mit Schwüle, Gewitter mit Hagel, ein Regentag, ein wechselhafter Tag, ein klarer Tag mit Kaiserwetter….. und so fort.
Eine ständige Überraschung weil ohne Netz keine Wettervorheransage.
Dazu kommt, dass wir die Höhen wechseln von knapp über Null bis 2000 und somit auch den Gebrauch zwischen Heizung und Ventilator, Wollschal und Flip Flops.

Eigentlich wollten wir weiter westlich fahren, dort wo die Berge flacher sind. Schließlich scheint es für die Bergwelt um Schar-e Kord noch zu früh zu sein. Vor allem für die Murmeltiere mit kaputter Heizung im Auto. Aber da sitze ich nun im Auto mit meinem Kopftuch, leide schwitzend Höllenqualen mit meinem überhitzten Schädel und frage mich, warum wir schon wieder in der Hitze herum fahren.
Tja, kurzentschlossen initiiere ich Plan B: Statt über die westliche Ebene schlagen wir einen Bogen durch das Bazoft Tal doch hinauf in die Berge um Schar-e Kord. In die angenehm kühle Bergwelt, so dachte ich …….
Todesmutig wagen es die Murmeltiere, sich ohne Heizung im Wagen anzuschließen.

Meinen Geburtstag verbringe ich aber zunächst noch in tieferen Lagen an einem Traumplatz, an einer Schleife des Karun. Bei 30 Grad im Schatten…..
Aber mit Lagerfeuer und Dank Christina einem Geburtstagskuchen.

Oberhalb unseres Platzes macht man die Schleusen auf:

Es folgt ein Tag, den man gerne hat 😉
Es beginnt harmlos mit der morgendlichen schwerwiegenden Entscheidung, ob man diesen herrlichen Platz verlassen oder noch genießen sollte.
Wir rollen schließlich doch los. Nur ein kleines Stück wollen wir zurücklegen…..
Der Reifen hinten rechts hat uns nicht lieb. Fünf Dörfer weiter piepst der Reifendruck-Warner schrill und ich sacke unaufhaltsam langsam nach unten.
Und wieder muss man sie erwähnen: Die gigantische Hilfsbereitschaft im Iran.
Wenn man hier so schräg herum steht am Straßenrand, vergehen kaum Minuten bis Hilfe da ist. Wobei ich schäbiger Weise immer denke, warum hier Keiner was zu tun hat…
Kurz und gut: Man kurbelt mit, wühlt unter dem Wombat herum, organisiert einen Pick up und hievt gemeinschaftlich mit völlig verdreckten Klamotten das Rad-Monstrum auf die Ladefläche um es zur nächsten Werkstatt zu fahren.
Weg sind sie.
Christina und Martin harren mit mir aus um höflich allen anhaltenden Autos zu erklären, das wir bereits Hilfe erhalten haben.
Na, es wird Nachmittag, bis wir weiter kommen. Und manchmal ist es so, dass man fährt und fährt und fährt und fährt und einfach keinen Stellplatz findet, der angemessen für unsere gehobenen Ansprüche wäre.

So oder ähnlich rollen wir dahin, leider bei grauem Himmel:

Endlich, am Abend wählen wir einen Seitenweg, halten und deklarieren diesen Platz als Notlösung.
Tja, unsere „Verlust-Energie“ ist wohl auf die Murmeltiere übergesprungen. Nachdem ein Schafshirte denen vor Tagen schon die Gummidichtung aus dem Fenster heraus puhlte, sind es heute die Wanderschuhe. Mit einer Dreistigkeit um die Ecke gegriffen, aufs Moped gesprungen und ab ging die Post mit der Beute.
Da waren sie wieder: Die schwarzen Schafe unter der sonst so ehrlichen Bevölkerung.
Suchaktion, großes Tumult und die Polizei wurde blöderweise auch noch aufmerksam auf uns. Peinlich berührt waren sie wegen der Sache.
Ende des Tages: Man nötigt uns aufs Freundlichste, zur Sicherheit auf einen Hügel Nähe der Polizeistation eskortiert zu werden. Gar nicht so schlecht der Platz mit Blick auf einen See. So stehen wir mit einer Meute netter iranischer Polizisten lachend da, so kurz vor Mitternacht und singen: „So ein Tag, so wunderschön wie heute….“
Da hören wir ein Zisssssssch. Der rechte hintere Reifen! Achim hechtet mit dem Wagenheber unter das Wombat damit wir die Nacht gerade verbringen können……….
(Das Ventil wurde beim Reifenwechsel beschädigt)

Der nächste Morgen begrüßt uns mit einem Wetterumschwung: Wo war doch meine Daunenjacke? Wieder im Staufach?
Hauptsache in die kühle Bergwelt gefahren!

Die Überraschung: Dank eines nächtlichen Einsatzes der „Soko Iran“ wedelt Martin mit seinen wieder auferstandenen Wanderschuhen. Ich hoffe, dass der arme Dieb seine Hand behalten durfte 😉
Christina gibt Kuchen aus.

Es wird ein feuchter, nächster Tag. Unwetter. Wir harren aus und werden auf königliche Weise versorgt mit frischem Brot, Süßteilchen und Gemüse. Die Polizei Dein Freund und Helfer.

Achim ist den ganzen Tag am Werkeln bezüglich Reifen hinten rechts.
Man hilft uns, unseren Reifen einmal wieder auf einen Pick Up zu laden um den Schlauch wechseln zu lassen.

Aber ich stelle mal wieder fest: An einem Burn-Out wird hier im Iran niemand erkranken!

Werkstatt Alltag im Iran. Einmal wieder 3 Euro 65 für den Weifendienst….

Achim im Matsch am Nachmittag: Ein Outdoor Leben kann ganz schön anstrengend sein!

Es geht schließlich hoch. Ziemlich hoch. Über einen Pass ins Bazoft Tal.
Über Hitze kann ich mich in keinem Fall mehr beklagen. In der Nacht donnern Hagelkörner auf unser Dach.

Das Tal ist ein Traum. Vielmehr: Es muss ein Traum sein. Bei schönem Wetter. Wir durchfahren es im April mit typischem „Wettergekasper“. Ein Jammer.

Unsere Stellplatzsuche….

…. gestaltet sich schwieriger als wir gewohnt sind. Durch die starken Regenfälle ist der Boden so aufgeweicht, da geht es nicht so wie gewohnt, einfach mal in die Seitenwege eingebogen und im Grünen stehen. Der Matsch klebt uns schon fast an den Ohren.
Wir müssen unsere gehobenen Ansprüche wohl herunter schrauben, sollte man meinen……

Das Wetter am nächsten Tag einmal wieder verheißungsvoll. Es geht weiter über die Berge Richtung Chelgerd:

So ein Stellplatz ist doch eigentlich schön, oder?

Aber nein, es muss da in der Nähe noch etwas Besseres geben. Über einen Schotter-Schlamm-Weg geht es auf die Suche! Die Imker beim Vorbeifahren warnen uns noch aber mein Achim und sein Wombat rumpeln weiter. Es ist Ostermontag und die Eiersuche wird wohl übertrieben. So schräg lagen wir noch nie:

„Nicht schon wieder!“:

Drei Minuten später, das Dorf Volk versammelt sich:

Beratschlagung, ein Bulldozer wird telefonisch geordert:

Eine Stunde später, erster Versuch des Bulldozers:

Zwei Stunden später, immense Flurschäden sind zu bezeichnen. Die Polizei ist mittlerweile auch eingetrudelt:

Drei Stunden später, unterm Wombat wird ausgehöhlt:

Mit Erfolg. Ich jodle vor Glück. Das Wombat ist nicht umgekippt!
Und das hinterlassen wir:

Am Ende sind wir hundert Dollar leichter und landen zum Nächtigen vor der Polizeistation in Samsami. Wieder eine Nötigung nur nicht so freundlich. So ganz verstanden haben wir das nicht. Ob der Grund böse Räuber oder wilde Tiere waren?

Egal, wir folgen der Polizei im Konvoi und nächtigen mit Ausblick auf Mülltonnen und Tankstelle.
Das hat man von seinem Stellplatz-Perfektionismus!
Wir machen noch Witze: Wir könnten uns die mühsame Stellplatzsuche sparen und einfach von Polizeistation zu Polizeistation fahren…..

Ein Erwachen mit Grauen: Regen, der in Schnee übergeht. In der Ferne donnert es. Mal was ganz Neues 😉
Trotzdem auf nach Chelgerd. Ein bekanntes Skigebiet hier im Iran.
Es macht ein wenig traurig denn man sieht auf der Strecke tollePlätze zum Verweilen, an Bächen, Seen, an einem Canyon aber leider alle, durch den aufgeweichten Boden nicht befahrbar. Hier bräuchte man einen Panzer.

Chelgerd selbst hat in keiner Weise den Charme eines Skidorfes, so wie wir das kennen. Wie überall hier einstöckige Betonbauten, an denen die verrosteten Eisenstangen für den (geplanten?) zweiten Stock in die Höhe ragen.
Nix wie durch. Noch ein Stück höher Richtung Skigebiet.
Auf 2600 Metern Höhe wird es schmaler. Ich frage mich, was wir hier eigentlich machen… Wer hatte doch die Idee hier hoch zu fahren?

Ob wir vielleicht jahreszeitlich doch zu früh dran sind für diese Region?

Ich steige irgendwann mal aus. Selbst eisiger Wind und Schmelzwasser unter den Pfoten hält Pepe nicht davon ab, mich zu begleiten. Lord Gizmo beguckt uns vom Cockpit aus und verdreht wohl die Augen.
Die Daunenjacke immer noch im Staufach, gehe ich zügigen Schrittes um mal zu gucken, was da noch so kommt.
Und schließlich die unausweichliche Tatsache: Hier geht es nicht mehr weiter!

Die Sonne kommt durch und plötzlich haben wir Kaiserwetter. Die Murmeltiere ohne Heizung treffen jetzt auch ein. Wir beschließen, hier oben zu bleiben.
Der Grund: Keiner hat mehr Lust auf eine Stellplatzsuche 😉

Tja, und hier, an der wohl (hoffentlich) kältesten Stelle im Iran auf der Rückreise beschließen wir, den Blogeintrag zu splitten bevor er Überlänge erreicht.
Das war Teil 1 von Bandar nach Chelgerd bei Schar-e Kord, bewältigt in knapp einem Monat.
Könnte ein Rekord sein im entschleunigten Reisen 😉
Wir kommen wohl zurück zu unserem wahren Naturell. Auch Dank der Murmeltiere. In der Schweiz geht sowieso alles gaaaanz läääääässig.
Außerdem haben wir ja ein Zwei-Monats-Visum …..

Abenteuer Iran

01. November 2018

„Welcome to Iran“!

Am Grenzübergang sind alle am Lächeln. Ich zupple nervös an meinem Kopftuch herum und ziehe den Pulli über den Po, soweit es das Material zulässt. Aber das wird sich sicher bald legen wenn das Outfit zur Routine wird.

Tabriz ist unser erstes Ziel. Ach liebe ich die Großstädte! 😉
Zum Stehen kommen wir mitten im Hauptstraßen-Verkehr auf einem Parkplatz neben einem großen, grünen Areal, welches für Camper und Durchreisende mit Auto freigegeben wurde. Achim geht auf Besorgungstour mit dem Taxi. Ein kleiner Spaziergang durch die Stadt mit den zwei Vierbeinern an der Leine wird für mich währenddessen zum Abenteuer. Über vier stark frequentierte Fahrspuren stürzt man rufend und winkend auf uns zu, zwischen hupenden und bremsenden Autos riskiert man sein Leben für uns. Ein blondes Pony unter dem Kopftuch und ein ein Halb imposante Hunde, das möchte man kennen lernen. Wir scheinen ein ungewöhnliches Bild abzugeben und ich lerne sogleich die warmherzige Willkommenskultur kennen, von der jeder spricht. Alle freuen sich über uns.

Nachmittags trudeln auf unserem Stellplatz andere Reisende an, mit einem Haufen wertvoller Informationen im Gepäck weil aus der Gegenrichtung kommend.

Mit dem Taxi geht es gemeinsam quer durch die Stadt am Abend. Ein Besuch auf dem Basar. Und weil wir neu sind in diesem Land: Dies an einem Freitag, welches hier wie ein Sonntag ist. Längst nicht alle Stände haben geöffnet, dafür ist es schön ruhig.

Der Gewürzhandel! Ich mache einen Luftsprung und stürze mich auf das, was ich so liebe. Der Verkäufer amüsiert sich wohl über meine Euphorie und Einkaufswut.
Von Kardamom bis zum Argan Öl, alles in der Tasche. Und der iranische Safran riecht göttlich!

Man beachte Dr. Oetker zwischen all den bunten Kostbarkeiten 😉

Man(n) fährt nach Navigationsgerät und wir müssen hier durch…
Die offizielle Durchfahrt unter der Brücke hindurch neben diesem beachtlichen Taxi-Aufkommen reicht von der Höhe nur für Flachlimousinen.

Zwischen Tabriz und Zanjan wird es bunt: Für jene, welche hier leben, scheint das etwas Normales zu sein aber wir bekommen den Mund nicht mehr zu: Bunte Berge. In Rot, Weiß und verschiedenen Ockertönen gefärbte Bänder in der Abendsonne.
Eine Stichstraße ins Innenland ist Unsere und wir kommen zum Stehen:

Man könnte fast ein Känguru erwarten, das um die Ecke kommt. Besuch bekommen wir aber nur von einer Schafsherde inklusive Bewacher.

Es folgen sorgenreiche Tage. Schon hier, unter den bunten Bergen signalisiert unser Gizmo: „ Mir geht es dreckig.“ Es wird nicht gefressen, Wasser verweigert und Laufen geht schon gar nicht. Horrorinformationen sind uns noch im Ohr: „Im Iran darf Euren Hunden nichts passieren. Da gibt es keine Tierärzte.“
Um es vorweg zu nehmen: Es gibt sie! Und zwar sehr gute und liebevolle, die sich richtig gut kümmern. Auch viele hundefreundliche Iraner sollten wir später kennen lernen, welche sich sogar von Gizmo küssen lassen. 😉
Zurück zum Problem: Eine Recherche ergibt, dass es in Zanjan eine Tierklinik gibt. Gelandet sind wir aber bei einer Art Veterinäramt. Trotzdem untersucht und behandelt man unseren Hund liebevoll. Eine Infektion wird es wohl sein. Wir vermuten, das unerlaubte Fressen von Verdorbenem, sowas wie ein grünes Huhn, im Park von Tabriz.

Antibiotika- und Aufbauspritze aber Laborwerte sind leider nicht möglich.
Wir beobachten das Befinden und beschließen zwei Tage später, es erneut zu versuchen mit einer Klinik. In Qazvin landen wir schließlich in dieser tollen Praxis:

Da liegt er nun unser Hund, an eine Infusion angeschlossen. Wohl ein Magen-Darm Infekt, das wenige Trinken hat zur Austrocknung geführt. Gute Nachricht: Das Blutbild ist bombastisch gut. „Exoten im Ausland“, grinst man uns an.
Die Ärzte sind sowas von fürsorglich und nett. Am Abend kommt uns einer von ihnen im Wombat besuchen für eine weitere Behandlung. Er baut uns auf mit seinem Humor. Es gibt einmal wieder eine Zeichnung zu verschenken:

Fast (!) wie Poppeye nach seiner Spinat-Mahlzeit…

Hundeerholung im Federbett und wir machen uns am Abend auf den Weg Richtung Qazvin Altstadt. Die Karawanserei Sa’d-al Saltaneh: Der alte Basar aus der Kadscharen-Zeit ist schön restauriert und beherbergt heute Waren von den unterschiedlichsten Künstlern.

Der Rest des Basars ist zum Glück auch überdacht. Es regnet in Strömen. Man findet hier wirklich alles! Achim fragt beim Metzger aus Gewohnheit nach Kotelett und erntet ein Augenzwinkern. 😉 Oder so was Ähnliches.

Am nächsten Morgen fahren wir von unserem Stadtparkplatz ein Stück in die Berge und finden einen ruhigen Stellplatz in einem Felsenmeer. Hier, nach Niyagh kommen auch viele Einheimische weil es so schön ist.
Gizmo soll sich erholen. Sich gesund schlafen, das konnte er schon immer.

Jeden Tag fragen die Ärzte nach, wie es ihm geht. So ist das mit den blöden Vorurteilen…..

Sie ist schon hunderttausendfach erwähnt worden von Iran-Reisenden: Die herzliche Willkommenskultur in diesem Land. An jedem Ort wird man eingeladen, das ist Tradition. An jedem Ort hat man Hilfe für Anliegen aller Art.

Zum Beispiel diese Familie auf einem Ausflug in die Steine:

Das Wetter lässt zu wünschen übrig und wir streichen einen Besuch des nahe liegenden Alamut-Tals. Zum Wandern wohl eine Sensation, allerdings nicht bei nebelverhangenen Bergen. Wir bleiben bei unseren Steinen bis Gizmo wieder trinkt wie ein Kamel und frisst wie ein Scheunendrescher. Nur die Beine sind noch etwas klapprig. Wir drapieren das Daunenkissen unter das Haupt des sterbenden Schwans und fahren weiter.

Es wird so langsam ungemütlich kalt hier im Norden. Also weiter Richtung Süden und Wüste. Über Saveh geht es nach Delijan. Hier hat unser Gebrumme auf Schnellstraßen Gott sei Dank erst einmal ein Ende. Es geht ab auf kleinere Straßen Richtung Kashan und von dort aus in die Wüste. Hinter Delijan finden wir am Gisoo Wasserfall einen ruhigen Stellplatz.

Der Wasserfall leider ohne Wasser aber die Schlucht schon beeindruckend:

Wir genießen die Ruhe. Hat uns doch das Fahren über Schnellstraßen und das Nächtigen in Großstädten ein wenig geschlaucht. Zwei mal schon bekamen wir zu späterer Stunde Besuch von der örtlichen Polizei mit der Bitte, wir mögen doch auf einem zentraleren Parkplatz übersiedeln. In den Tumult und Lärm der Innenstadt. Natürlich nur weil man besorgt um uns ist.
So genießen wir die Ruhe an unserem Wasserfall ohne Wasser und es klopft doch tatsächlich schon wieder während des Abendessens. Polizei! Zum dritten Mal Übersiedeln!
Wir landen nach über einer Stunde Fahrt im Dunkeln in Mashad Ardehal. Ein Trost: Der Parkplatz ist ruhig und neben uns der wundervolle Anblick der beleuchteten Moschee:

Am Morgen sieht das dann so aus:

Nach Kashan fahren wir vorerst nicht hinein sondern ein Stück in die Berge hinauf hinter der Stadt. Jetzt aber Ruhe tanken!

Zahlreiche Wanderwege führen hier in die Berge. Ohne jegliche Markierung oder Beschreibung mache ich mich mit Pepe auf den Weg und lande in einem unerwarteten Kletterparadies. Das ohne Helm und Seil, geschweige denn Wanderschuhe! Der furchtlose Spitzohr-Kaspar klettert wie eine Gämse vor mir her während ich mich mental aufbaue mit Gedanken wie „da bist Du auch runter gekommen, dann kommst Du auch wieder hoch!“

Keine Polizei, himmlische Ruhe. Unser Iran Aufenthalt hat nicht so glücklich begonnen aber wir sind wieder versöhnt. Eine traumhafte Landschaft und außerdem freuen wir uns auf die Wüste.

Der nächste Tag: In der Innenstadt Kashans hören wir ein verdächtiges, pfeifendes Geräusch. Wir werden doch wohl keine Luft verlieren?
Platten hinten rechts mitten in der Stadt. Welche bösartige Sternenkonstellation begleitet uns wohl momentan?
Das Gute daran: Sofort eilen bestimmt zehn hilfsbereite Iraner an, einer wohl ein Profi in Sachen Reifen. Der ist ein bisschen schneller als wir zu zweit beim letzten Platten. Zack ab und auf den Pick-Up und husch, weg sind sie zum Flicken, der Profi und mein Mann. Der Rest der Mannschaft spielt derweilen Zoo und sammelt Menschentrauben um das Fahrerhaus.

Der Profi entpuppt sich als Dieb. Der hat jetzt mein Handy in der Tasche. Schwarze Schafe gibt es weltweit. Zum Glück war es nur das Zweithandy für Whats app Nachrichten, ein älteres Modell. 

Kurz vor der Abenddämmerung erreichen wir hinter Aboouzeyd Abad, etwas südlich von Kashan die Einfahrt in die Wüste Marenjab und kommen im Pulversand zum Stehen. Pepe wetzt wie ein Besessener zwischen den Sanddünen herum und freut sich über die Hasenbauten.

Der nächste Morgen: Wir wollen eine Runde machen von hier aus Richtung Salzsee und Dünen, um in Kashan wieder herauszukommen. Nicht, dass wir uns nicht erkundigt hätten: Wir fahren einen uns mehrfach empfohlenen Weg und so sieht das Ergebnis unserer ersten Wüstenerfahrung nach einer halben Stunde Fahrt aus:

„Ich glaube, um uns herum, das ist ein Salzsee“, sage ich noch und da zischt das Wombat nach links unten ins Erdreich, kommt zum Stehen und der Horizont, auf den wir blickten hat sich immens nach schräg unten verschoben. „Ich hab‘ gar nichts gemacht! Das war das Wombat!“ sind die ersten entrüsteten Worte aus Achims Mund.

„Mann! Hatte ich ein ruhiges Leben in Deutschland“ denke ich vor mich hin während ich unter dem Wombat Sandverschiebungen vornehme. Wir schippen wie die Besessenen, verbiegen unsere Sandbleche konkav und erliegen nach Stunden Arbeit unserer Erschöpfung.

Da kommt ein älterer Farmer mit Wollmütze kurz vor der Abenddämmerung mit seinem Pick Up vorbei. Kein Wort Englisch aber irgendwie meinen wir zu verstehen, dass er Hilfe holen wird.
Wir machen Schluss mit Schippen, morgen ist ein neuer Tag!

Das Wombat schief wie die gerade versinkende Titanic, geben wir ein lustiges Bild ab im Innenraum. Während ich krampfhaft den Wasserkessel auf dem Gasherd festhalte, rutscht Pepe von Draußen rein und rumst gegen die Bad Tür.

Unserem Lord wird der Neigungswinkel mit Kissen ausgeglichen für einen erholsamen Schlaf. Damit ist nicht Achim gemeint. Dieser ist so erschöpft, dass er nach fünf Sekunden in absoluter Schräglage schnarcht wie ein Brüllaffe.

Man klopft uns abends aus dem tiefsten Tiefschlaf: Tatsächlich ist die Hilfe da. Nicht in Form eines Traktors oder LKWs sondern natürlicher Muskelkraft der Wollmützen-Farmer-Söhne.
Papa Farmer gibt seinen Jungs Ratschläge, ich stehe neben ihm und darf als Frau die Taschenlampe halten. Finde es schon ein wenig peinlich, wie die vor Kraft strotzenden Söhne mit Schippen zur Sache gehen, mit der fünffachen schött‘schen Geschwindigkeit aber wohl auch Erfahrung (mit den blöden Touristen). Tja, in solchen Momenten fühlt man sich alt….
Einfach wurde es nicht. Wir brauchen fünf Anläufe und am Ende hilft das Unterlegen von Holzbalken und knorrigem Astwerk. Ein Jubelschrei kurz vor Mitternacht und wir sind da draußen aus dem Loch!
Schlafen nach kurzer Weiterfahrt gerade und im Dauertiefschlaf vor der Farm der Helfer.

Wir sind wohl zu schwer, ein Weg zum Salzsee und den riesigen Dünen mit unserem Auto: „No!“ erklärt man uns am nächsten Morgen.

Also rollen wir unsere gebogenen Sandbleche gerade und werden heraus eskortiert aus dem Gebiet mit dem nassen, salzigen Sand beidseits der Straße. Kehrt marsch.
Wie bedankt man sich bei solchen selbstlosen Menschen? Wir wissen es wieder nicht aber der Wollmützen Farmer besitzt nun eine Jack Wolfskin-Fleeze-Kappe mit Ohrenschützern und freut sich tatsächlich ein Bein ab. Vielleicht muss er bald wieder in der Kälte stehen wenn seine Söhne blöde Touristen freischaufeln.

Eine Ergänzung zum Drama:
Wir sind schon in der nächsten Wüste, da erreicht uns eine Nachricht von Linda und Arnim, unterwegs mit einem umgebauten Feuerwehr-Laster: Die gleiche Strecke gefahren, erreichen sie unser Bild der Wüsten-Verwüstung: Das völlig zerwühlte Gelände, die Sandberge und die metertiefen Löcher inklusive herausragendem Astwerk. Blöderweise wird das Mahnmal umfahren, damit die feste Straßenmitte verlassen und der rote Laster endet doch tatsächlich genauso schief im Sand-Salz-Boden. Das allerdings mit Rechtsseitenlage und gedauert hat es wohl drei Tage bis zur Rettung….

Wir hoffen, die Mannschaft im Oman zu treffen um uns gegenseitig auf die Schulter zu klopfen!

Wir verlassen also das salzige Gebiet und tuckern wieder zurück. Finden eine Düne. Die tut es auch. Einfach stehen bleiben und Durchatmen.
Und Kraxeln:

Keine Sorge. Ab hier kommen keine „Pleiten, Pech und Pannen“ mehr. Vorerst!
Auf Empfehlung landen wir an einer verlassenen Karawanserei, ein Stück in die Wüste hinein bei Martin Abad:

Ein Bus moderner Tehran-Mädels verirrt sich zu einem Ausflug hier her. „Welcome to Iran“, alle freuen sich wieder über uns:

Bei Sonnenuntergang wieder zurück Richtung Zivilisation:

Man lernt ja so manchen anderen Globetrotter kennen dank moderner Technik. Auf einer solchen Reise sind Instagram und co äußerst tauglich, man tauscht sich aus und ab und zu lernt man sich dann auch kennen. Mit Janine und Fridolin geht das schriftlich schon länger hin und her, viele Tipps haben wir bekommen und jetzt wollen wir uns treffen in der Wüste.

Auf der Höhe von Na’in beginnt unser Schlenker in die Wüste Dasht-e-Kavir mit dem Ziel Mesr. Unsere Wüsten-Erfahrungen müssen unbedingt aufgefrischt und verbessert werden….

Durch Anarak…

Ein Zwischenstopp neben Überresten von natürlichen Kühlschränken aus früherer Zeit:


Nach langer Fahrt durch eher steinige Wüste erreichen wir sie: die endlosen Sanddünen bei Mesr. Janine und Fridolin stehen hier schon, zusammen mit ihren iranischen Freunden.
Außerdem ihre „heiße“ Hündin Pamira. Schön, sie alle kennenlernen zu dürfen! Sonnenbaden am Tag, tolle Gespräche und Lagerfeuer am Abend. Jetzt fehlt nur noch mein erstes Kamel in freier Wildbahn zu entdecken!

Unsere Hunde haben auch Spaß, wenn sie nicht mit der heißen Duft Spur beschäftigt sind:

Einen Sandsturm erleben wir auch, alle verkrümeln sich in ihre Rollhäuser. Und mein erstes, frei lebendes Kamel bekomme ich auch zu Sehen. Leider beschränkt sich das auf den Ausblick aus dem Fenster über dem Bett, morgens um halb sieben, als Fridolin mit seiner Hündin Anti-Jagd-Training versucht:

Einen Tag stehen wir noch alleine hier, die Anderen zieht es in den warmen Süden ans Meer.

Uns bleiben noch vier Tage Zeit, bis wir in Yazd unser Visum verlängern wollen. Wir können die Fahrt dorthin langsam angehen. Und besichtigen richtig schöne Oasendörfer, Lehmziegelburgen und -Dörfer.

Das Oasendorf Garmeh:

Die zweite Kamel-Begegnung: “Unfreie” aber bestens geeignet zum Kennenlernen:

Über Bayazeh und seine Lehmziegelburg…

… Ziegenschönheiten

… nach Kharanaq:

Schwups hatten wir den besten Guide, den man sich vorstellen kann um in dem Wirr Warr aus Gassen in der Geisterstadt klar zu kommen:

Der Knirps kriecht und wuselt in alle Ecken, wartet geduldig bis auch Achim durch die zerbröselten Fensteröffnungen kriecht und erklärt uns alles ganz toll. Leider auf Persisch. Aber auch mit Handzeichen. „Ok?“ „Ok!“ und weiter ins nächste Eck..

Einen tollen Stellplatz haben wir:

Einen Feiertag (von sooooo vielen im Iran) sitzen wir aus in der Nähe von Yazd. Die Örtlichkeit für die Visa Verlängerung hat dann natürlich auch geschlossen. Also bleiben wir eine Nacht neben dem „Desert Tourist Camp“ etwa 15 Kilometer von der Stadt entfernt.

Hier verbringen die iranischen Familien gerne ihre Feiertage, mit Dünen-Rutschen, Picknick Plätzen und Tee Häusern. In einem solchen landen wir auch:

Vor Yazd mal wieder ein kleines „Pännchen“: Schleichender Luftdruck Abfall hinten links. Fachgerechte Reifenreparatur, zwei Stunden, Kosten: 3,75 Euro.

An dieser Stelle kann man erwähnen, dass uns 300 Liter getankter Diesel sage und schreibe elf Euro kosten. Das entschärft die Tatsache, dass man in diesem riesigen Land so viel fahren muss.

Yazd:

Wir sind wohl diejenigen mit den wenigsten abgelichteten Mosaiken und Moscheen nach einem Monat Reisezeit im Iran.
Jetzt aber: In Yazd, so nehmen wir uns das vor, endlich ein wenig mehr Zeit nehmen für die Kultur. Aber zunächst das Wichtigste: Die Visa Verlängerung für einen weiteren Monat Aufenthalt. Dazu suchen wir uns einen Stellplatz in der Stadt, um ohne großen Aufwand am nächsten Morgen in aller Frühe zur verantwortlichen Polizeidienststelle zu gelangen.
Wie immer in einer Großstadt gestaltet sich das schwierig und wie es so passieren kann, irrt man dann doch in der Dunkelheit umher, verzweifelt „Map me“ fragend und verfluchend.
Wir stehen dann irgendwann auf einem Parkplatz an einer 6-spurigen Hauptstraße. Richtig gut ausgesucht aber keiner will noch weiter suchen. Zumindest befindet sich ein Park hinter uns und wir beruhigen uns da drin bei einem Abend-Gebummel.

Um 6 Uhr klingelt der Wecker, Tiefschlafphase: vielleicht eine, die Visa Stelle ist nicht dort, wo erwartet, wir müssen dann doch durch die halbe Stadt fahren aber die ganze Abwicklung ist dann völlig unkompliziert und in zwei Stunden abgehandelt.

Es folgt die nächste Parkplatz Suche Richtung Altstadt. Und dann bummeln wir müde aber glücklich unter blauem Himmel durch eine der ältesten Siedlungen der Welt. (Laut Unesco). Alles besteht hier aus Lehmziegeln.

Man möchte nicht im August hier durch wandeln. Die Windtürme (Badgirs) erinnern an die extreme Sommerhitze. Die umweltfreundlichen Klimaanlagen sind so konstruiert, dass sie selbst die kleinste Brise einfangen und in die Zimmer leiten.

Die Masjed-e Jameh Moschee:

Iranische Großstädte und unsere Hunde:
Vorab möchte ich hier schreiben, dass wir uns lange überlegt haben, ob eine Reise in den Iran mit Hunden überhaupt gut ist. Es hat religiöse Gründe, dass der Hund als unrein gilt und es ist generell verboten, einen solchen durch die Öffentlichkeit also auch durch Städte zu führen.
Die abgeschwächte Regel: Wir sind Touristen und reisen mit Hunden. Hier drückt man gerne ein Auge zu.
Und die Wirklichkeit: Egal, wo wir mit unseren acht Pfoten erscheinen, sind wir die Attraktion und nicht mehr die Moschee im Hintergrund aus dem 15. Jahrhundert. Nach einem Monat sind wir sicherlich hundertmal abgelichtet worden „Sitz, bleib, Cheese“, Gizmo hat unzählige Frauen küssen müssen und Pepe will man generell auf den Arm nehmen, was ich mittlerweile unterbinde, indem ich erkläre: „Er beißt!“
Vom Wesen eines Hundes geschweige denn seiner Körpersprache sind hier keine Kenntnisse vorhanden. Die meisten schnalzen, rennen, flöten und beugen sich nach vorne. Unsere Hunde sind oft äußerst verwirrt und manchmal gestresst. Die herzliche Willkommenskultur bezieht sich bei vielen Iranern auch auf unsere acht Pfoten. Das ist schön und war nicht zu erwarten gewesen. Dennoch ist es immer ein wenig mühsam mit Hunden, eine größere Stadt zu besuchen. Ein Stück des Weges nehmen wir sie immer mit und wenn es zu anstrengend wird hilft nur eins: „Be careful! They are biting!“ Oder zur Not die Zeichensprache: Hand nach vorne, „No!“ und Zähne fletschen.

Yazd war schön und interessant aber wir möchten nun keine Autos mehr hören und frische Luft schnappen. Unser nächstes Ziel ist Kerman und die Wüste Lut. Wir wählen nicht den schnellen Weg über die Schnellstraße sondern kleinere Straßen durch Berge und Wüste und biegen kurz hinter Yazd ab in Richtung des palmenreichen Bafqs und landen kurz hinter der grünen Stadt hier:

Mit “sinnvoller” Hundebeschäftigung:

Und leuchtenden Bergen:

Hier geht es hinein in die Berge am nächsten Morgen. Völlig untrainiert keuche ich mit dem Mountainbike da hoch, verfluche die Ü-Fünfzig und die ständige Hockerei während der wartende Achim aufs Lenkrad trommelt:

Die gesamte Strecke bis zur Wüste Lut hat sich dann doch hingezogen wie Kaugummi, es geht hoch und runter, hoch und runter. Obwohl die Farben der Berge uns immer wieder neu ein „Ooooh“ und „Aaaah“ entlocken. Über Ravar und Kerman erreichen wir den letzten Pass rüber über die Berge bevor die Wüste beginnt.
Dann geht es bergab! Auf sage und schreibe 200 Höhenmeter! Endlich: Die Socken fliegen im Bogen in die Ecke, die Flip Flops werden ausgepackt. Ist das herrlich, endlich wieder Luft an die Füße zu bekommen. Zwischen 800 und 3000 Höhemetern tummelten wir uns nun seit Monaten herum, im Iran meist zwischen 1000 und 2000. Und endlich wird es sommerlich warm hier.

Wir erreichen Shahdad und hamstern das Wombat voll. Unsere erste Nacht in der Wüste Lut ohne Heizung, mit einem gigantischen Sternenhimmel und einer Stille, die fast unheimlich ist. Gizmo ist es ein bisschen langweilig: Hier lebt nichts und niemand!

Wir freuen uns gigantisch auf eine Offroad-Runde durch die Kalut-Wüste. Was sind Kaluts? Sandsteingebilde durch Wind und Wasser entstanden. Eine einmalige Naturerscheinung. Später werden sie riesengroß aber an unserem ersten Übernachtungsplatz, kurz hinter Shahdad sind sie noch ganz mickerig und hervorragend geeignet für eine artgerechte Hundefütterung:

Alte, verlassene Karawansereien liegen auf der Strecke. Normalerweise liegen sie einen Tagesritt mit dem Kamel (oder einer Tagestour mit dem Wombat 😉 auseinander. Das sind etwa 30 Kilometer. Hier aber gibt es gleich mehrere dicht beieinander.

Wir erreichen das Shahdad-Desert-Camp. Hier ist die Straße zu Ende. Wir lassen Luft ab auf zwei Bar.

Es folgt eine Strecke, die man nicht beschreiben kann, so unglaublich schön ist sie. Auch die Fotos geben längst nicht das wider, was man mit offenem Mund bestaunt. Gigantisch!

Hier Bilder auszusortieren fällt uns schwer! Also lassen wir das einfach.

Zwischen den hohen Sandsteinberen schlängelt sich unsere Strecke über Flugsand und Tonerde. Nach Wüstenerfahrung Nummer eins wird es mir zu Beginn doch ein wenig mulmig so einsam hier. Was hatte ein Einheimischer uns erzählt? „Keiner, der jemals in der Wüste Lut verschollen war wurde lebend wieder geborgen.“ Nun ja, das bezieht sich natürlich auf zentralere Gebiete und außerdem folgen wir recht frischen Spuren durch den Sand und außerdem knattert das Wombat mühelos hier entlang und außerdem hat Achim einen Mords Spaß. Nach kurzer Zeit bin ich nur noch begeistert.

Weiter hinein in die Wüste gibt es ein paar kniffelige Passagen. Schräglage und Sand, das verträgt sich nicht. Aber wir sind ein eingespieltes Team, der Achim und ich. Wir meistern das: Ich steige aus um die Energie nicht zu stören 😉 und Achim lenkt das Wombat ungestört die Sanddünen hinauf und hinunter.

Ich zitiere: „Für die schiitischen Bewohner Irans gilt die Lut als der Garten Allahs, aus dem der Herr der Gläubigen alles Überflüssige entfernt hat, damit wir Menschen das wahre Wesen der Dinge erkennen.“ „Fahren, Gehen über die Dünen, Staunen, Zusammensitzen am Feuer. Sonst nichts. Nichts als Freiheit und Grenzenlosigkeit zu beiden Seiten…“

So ähnlich empfinden wir das hier in den fünf Tagen Aufenthalt zwischen den mächtigen Kaluts. Jeden Tag ein Stückchen weiter fahren und laufen. Wechselnde Kulissen bestaunen.
Nur an Holz hat es gefehlt für das Lagerfeuer.

Die Drohne wird entstaubt:

Irgendwann ist es nicht mehr möglich, den empfohlenen Wegepunkten zu folgen und wir rumpeln quer über die Dünen, irgendwo im Nirgendwo:

Wer ihn kennt, den Schötti, wird schmunzeln:

Am fünften Tage sind wir vertrocknet. Also nicht ganz, aber man pustet schon seltsame Brocken ins Taschentuch. Die Luftfeuchtigkeit beträgt maximal 25%.

Auf dem Weg zum Meer Richtung Süden treffen wir auf eine Bereicherung unseres Reiselebens: Simon und Simon-Luka, genannt Hopontravel. Vater und Sohn unterwegs mit zwei Zebras. Genauer gesagt: zwei Defender im Zebra-Look.

Gemeinsam machen wir uns auf den Weg durch die insektenreiche Ebene. Nach der allerletzten Abfahrt die Berge hinunter erfreuen wir uns nämlich nicht nur an der sommerlichen Wärme sondern auch am Gesumme von unzähligen Schmeißfliegen. Mir kommen Since-Fiktion-Klassiker in den Sinn wie „die Killer Fliegen“ (oder waren es Bienen?). Töten tun sie wirklich: Nämlich die Nerven. Lektion Nummer eins: Campe nie in der Nähe eines ausgetrockneten Bachbetts.
Mein Dasein besteht aus dem immerwährenden, wütenden Einsatz unserer Fliegenklatsche und dem anschließenden Auskehren der Fliegenleichen-Haufen aus dem Wombat. Trotz Fliegengitter. Einmal durchs Fliegengitter an der Tür gegangen und Tausende finden ihren Weg nach innen. Nach drei Tagen befindet sich unsere Plastikklatsche in Kleeblattform in einem äußerst desolaten Zustand. Zum Glück haben wir noch deutsches Klebeband Extra-Strong in der Schublade.

Kurz vor Bandar Abbas kommen wir auf einem Overlander-Platz zur fliegenlosen Ruhe zwischen Büschen, Sanddünen und Kamelen, nicht weit vom Meer entfernt. Die Kochkünste der armen Zebra-Männer beschränkten sich seit Monaten auf die Zubereitung von Nudeln mit Tomaten, manchmal Zwiebeln. (Anmerkung: Sie kommen aus dem Schwabenland!) Umso mehr freuen sich die beiden gar nicht dürr aussehenden Weltenbummler als ich für Vier koche. Und essen wie die Scheunendrescher.
Dieser Tatsache ist wohl zuzuschreiben, dass sie uns drei Tage mit ihrer Anwesenheit beehrt haben. Nein, wir haben uns gut verstanden, viel gelacht und gute Gespräche gehabt abends am Lagerfeuer.

Austherapiert: Hundephobie geheilt!

Dann trennen sich aber unsere Wege. Die „Zebras“ ziehen weiter durch den Iran nach Shiraz und wir machen uns vom Acker, sprich Festland. Setzten mit der Fähre über auf die Insel Qeshm.

Schluchten und Salzhöhlen sparen wir für später auf. Wir wollen erst einmal an einen Strand, ins Meer hüpfen und die Sonnenuntergänge genießen.
Ein harter Kampf.
Zunächst hält uns an der Südküste ein Militärposten wegen einer Übung ab vom Weiterfahren. Kehrt Marsch und eben andersherum um die Insel. An der Westküste erreichen wir dann im schließlich einen ruhigen Platz. Herrlich wäre es hier, aber…..
Lektion Nummer zwei: Campe nie in der Nähe von Kamelschitte. Und so gebe ich der Fliegenklatsche fast den letzten Rest.

Bei Sonnenuntergang sitzen wir zu viert auf einer Düne und blicken zum Horizont. Ein herrlicher Anblick, gerade bei Ebbe. Die Fliegen sind schlafen gegangen, wir können endlich genießen.

Die Westküste klappern wir ab nach möglichen Stellplätzen ohne verdautes Kamelfutter und Summer, werden fündig nach Umrundung der Süd-West Spitze in der Nähe eines Dorfes. Nur mit Allrad zu erreichen. Herrlich seichtes Wasser, gelber Sand und kein Mensch zu sehen. Es beehrt uns lediglich die auf Mopeds knatternde Dorfjugend. Ab und Zu.

Achim gibt sich sehr viel Mühe mit dem Ausnehmen und Grillen von fangfrischem Fisch vom Fischermann. Ein idyllisches Lagerfeuer, die Vorfreude ist groß doch unser Fisch schmeckt wie stinkende Socken. Wir landen bei Schafskäse mit Tomaten.

Spätestens jetzt wird der Leser über uns die Augen verdrehen oder starkes Mitleid mit uns verspüren. Auf der Suche nach Wasser trennen wir mal eben eine Dorfschule vom Hauptstrom. „Peng“ macht es und mein Gedanke ist noch: „Jetzt ist unser Ende da“. Das Hauptstromkabel hing zu tief. Die Kinderschar wird ins Schulgelände zurück getrieben. Dem Himmel sei Dank, dass ein Einheimischer ein wenig Englisch spricht. Wir kommen für den Schaden auf und verlassen die stromlose Schule mit einer verkohlten Alu-Staukiste auf dem Dach.

Gesagt wird nicht mehr viel während unserer fast aussichtslosen Suche nach einem idyllischen Strandplatz. Hier landen wir aber irgendwann nach längerem Abklappern der Küste:

Herrlich hier. Aber Lektion Nummer eins nicht ernst genommen an einem Bachbett. Einen Tod muss man sterben.

Im Statues Valley treffen wir Janine und Fridolin wieder. „Statues“ weil Baumeister Natur hier gemeißelt hat. Irre Formen unter denen wir hier stehen:

Wir werden auf der Insel noch ein wenig herum gammeln denn wir warten auf den erfahrenen Iran-Bereiser Cristian von „Iran is great“. Er erbarmt sich, bei den komplizierten bürokratischen Abwicklungen für die Fährfahrt nach Dubai zu helfen. Zwischen Weihnachten und Neujahr werden wir dann wohl gemeinsam übersetzen.
So suchen wir an der ruhigen Südküste wieder einen Platz am Meer mit den bescheidenen Ansprüchen: Fliegenarm und ruhig.

Leider werden an den wohl schönsten Plätzen am Meer gerade Militärübungen durchgeführt. Diese Passagen sind gesperrt. Trotzdem werden wir fündig:

Und versuchen uns an einem Selfie:

 

 

Leider müssen wir unseren schwer erkämpfen Platz frühzeitig verlassen. Kampfhubschrauber im Tiefflug und Granateneinschläge hinter unserer Privatdüne, dass die Tassen klappern . Am Abend bitten uns Militärmänner höflichst, aus gesundheitlichen Gründen das Übungsareal zu räumen.

Das mit den klappernden Tassen ist natürlich etwas übertrieben aber aus der Ferne ist das Spektakel doch besser zu ertragen. Wir landen an der Küste kurz vor dem Hafen bei Shib Deraz.

Ein seltener Gast:

“Pffft. Mit Dir will ich nichts zu tun haben!”

Andere Gäste mit längerem Hals:
Der Kampf-Knirps zunächst echauffiert. Aber dann allgemeiner Friedensbeschluss! Das Teil ist doch irgendwie zu groß!

Da ist er plötzlich in unserem Leben: Amir! Ein Iraner, weit durch die Welt gekommen. Offen, warmherzig, tiefsinnig und lustig. Einen Geheimtipp an Strand hat er auf Lager. Weihnachten werden wir dort Fische fangen und selbige am Lagerfeuer grillen.

Wir sitzen am Strand, atmen tief durch und geben uns der friedlichen Betrachtung der untergehenden Sonne hin. „Einfach war es nicht, hier her zu kommen“ murmelt Achim. Beide waren wir „etwas“ gestresst von den eigentlich harmlosen Unwegsamkeiten, Pleiten, Pech, Pannen und von den langen Distanzen. Wir sind uns einig, dass lange Fahrten in großen Ländern nicht zu unserer Leidenschaft gehört. Und noch nie haben wir so viel diskutiert, wie unsere weitere Reise verlaufen soll. Eins scheint nun erst mal sicher zu sein: Der weite Weg über Pakistan nach Indien ist gestrichen!
Wir setzen in den nächsten Tagen über in die Emirate nach Dubai. Von dort aus geht es erst mal in den Oman. Reisende werden uns verstehen, Nicht-Reisende den Kopf schütteln: „Urlaub vom Reisen machen!“