Irans bergiger Westen: Von Bandar Abbas Richtung Kurdistan

24. März 2019:
Nach einer wahren Begebenheit in der Menschenschlange vor der Passkontrolle in Bandar Abbas:

Um es vorweg zu nehmen: Die Fahrt durch den bergigen Westen Irans hat uns versöhnt mit dem Land. Wir erleben Naturschauspiele, lassen uns ganz langsam treiben durch die Bergwelt im Frühling, größtenteils im Beisein von Christina und Martin mit Hund Wadi und begegnen dem Iran mit viel mehr Ruhe. Alles ist unkomplizierter, ungezwungener unter der Dorfbevölkerung. Wir wandern und erkunden viel und man soll es nicht glauben: Alles, was verschwindet kommt tatsächlich zurück.
Nur das mit den Pannen…..

Und jetzt von vorne, noch in Sharjah, den Emiraten:

Letztendlich war es wohl eine glückliche Fügung, dass die Dienstag-Fähre nach Bandar nicht, wie im Fahrplan angepriesen, ausgelaufen ist. Wären wir sonst genau in ein schreckliches Unwetter geraten, welches den Iran heimgesucht hat. In der Gegend um Shiraz kam es zu etlichen Todesfällen, Autos wurden förmlich durch die Straßen gespült, übereinander und untereinander, zum Glück ohne das Wombat.

Der letzte Tag unter Wolkenkratzern, Ferraris und Lamborghinis:

„Ich habe keine Lust mehr auf die Wolkenkratzer“       „Ich auch nicht“

Bekanntes Terrain eines Bootshundes:

Die Abfertigung am Hafen:

Vier Autos, das sind die „Paulas“, die „Murmeltiere“, Rene mit Brigitte und das Wombat stehen auf dem Unterdeck. Sonst niemand.

Die Ausläufer des Unwetters bescheren uns hier eine unvergessliche Nacht. Es scheppert und knarrt und kracht wenn Wellenbrecher an den Bug schlagen. Ich drücke mehrmals die Hand meines Gatten in dieser Nacht.

Es gibt, von unseren Hunden mal abgesehen, tatsächlich ein Paar unter uns Vieren, welches die Nacht durchschläft…

Gabi bemerkt am nächsten Morgen treffend: „Nich nur eenmool hab ich gedacht, dass der Kutter ooseinander bricht!“
(oder so ähnlich 😉

Nun ja. Wir sind angekommen in Bandar Abbas. Und das am deutschen Frühlingsanfang und Iranischem Neujahr.

Begeben uns nach den bürokratischen Mammut-Formalitäten, die wir so langsam gewohnt sind schnurstracks an den bekannten Stellplatz am Park um die Ecke um einen letzten Abend zusammen zu verbringen. Da war es recht ruhig vor drei Monaten…
Im Iran feiert man jedoch das Neujahrfest. Wir sitzen inmitten unserer Wagenburg wie auf dem Oktoberfest. Dennoch lachen wir uns am Abend krümelig über die unheilvolle Aneinanderkettung der Wombat-Pannen, vom Überrollen unseres Inventars bis hin zur Fischerhütte, die uns begrub.
Alle sind nachträglich erleichtert, die Fährfahrt gemeinsam mit uns an Bord ohne Versinken überstanden zu haben und man trennt sich am nächsten Morgen überschwänglich.

Am nächsten Tag endlich, ja eeeendlich raus aus den Großstädten. Über die Berge, nahezu die Fluglinie Richtung Shiraz, bleiben wir nach kurzer Fahrt an einem Flussbett stehen und starten eine Entsandungs-Orgie des Wombats.
Ungewohnte Geräusche: Ein Kuckuck!
Ungewohnte Farben: Es grünt!
Ein langer Spaziergang über Hügel, durch Felder unter Grillenzirpen und dem Geflatter tausender Schmetterlinge – wir atmen durch!


Mit unzähligen Powermagneten und hitzestabilem Fußbodenklebeband optimierte ich noch in Dubai unsere Barriere gegen lästige Flugobjekte, in weiser Voraussicht…

Wir sind nun gewappnet mit einem panzermäßig gesicherten Fliegengitter für den Süden Irans und dessen unermesslichen Schmeißfliegenaufkommens.
Und nun? Wo sind sie denn?


Wir fühlen uns wohl. Die ansässigen Menschen, wie wir es vom Iran gewohnt sind, herzlich und hilfsbereit.  Auch bezüglich unserer Hundehaltung entschärft sich ein Treffen mit Einheimischen. Unsere Hunde werden nicht bestaunt wie ein Elefant im Pfälzer Wald, nein, man kennt sich aus oder hat selbst welche. Da hier die Schafs- und Ziegenherden beschützt werden müssen. Hundegebell um uns herum – es hat doch etwas gefehlt!

Ein schöner, für uns im Iran ungewohnter Anblick: Ein älterer Hirte passiert in Begleitung seines Hundes unseren Wombat und begrüßt unsere beiden Vierbeiner herzlich.
Er überreicht uns ein Büschel frisch gepflückter Kamille. „good for…“ und er streicht sich über den Magen.

Wir machen langsam. Ein Besuch des Hayegher Canyons steht auf dem Plan, allerdings erst nach Beendigung der Ferien und des Massenaufkommens.

Man kann aber auch überall einen Abstecher in die Natur machen und einfach stehen bleiben.
Wie sehr man sich doch an einer grünen Wiese und blühenden Blumen erfreuen kann…

Überall blüht der Raps. Ungewohnt für uns allerdings im Beisein von Palmen 😉

Schließlich erreichen wir an einem Samstag den Hayegher Canyon.

Wir tuckern bei sonnigem Wetter die Serpentinen hinauf, wühlen uns durch unzählige Picknick Gelage und machen Halt ganz am Ende in der Ruhe mit Blick auf den Beginn des Canyons. Morgen, am Sonntag sind alle weg. Dann kommen wir!
Doch es erwartet uns nach dem Erwachen etwas völlig Ungewohntes: Dauerregen.

Schade, aber wir genießen dieses Naturschauspiel trotzdem am Nachmittag in einer Regenpause. Ein Trost: Ein herrlich wildes Rauschen in der Tiefe des Canyons.
Am Grat hier entlang zu laufen fordert die Hormone heraus. Bilder können nicht wieder geben, welche Tiefe sich direkt vor und unter einem auftut.

Da unter dem hiesigen Volk das Wort „hiking“ ein Fremdwort ist und man sich darauf beschränkt, im Pick Up Familie inklusive Kühlschrank in die Berge zu fahren um sitzend Picknick zu machen, ist man beim Laufen Mutterseelen allein. Ich wähle die Seite des Canyons ohne Straße, sprich ohne Picknick und laufe auf Ziegenpfaden am immer steiler werdenden Canyon entlang. Der Weg könnte es mit dem besten Europäischen Wanderweg aufnehmen können. Sensationell.

In diesen Tagen findet hier ein internationales Spektakel statt. Am schönsten Aussichtspunkt wagen sich Irre aus allen Ländern über schwingende Spannbänder.

„Keep calm and practic slackline“

Unter Ihnen über 400 Meter Abgrund und das über Distanzen, dass es einem graust.

Achim ist „kurz“ davor, es auch zu versuchen 😉

Man muss schon Herr über seinen Geist sein, um so etwas zu bewerkstelligen.
Wir waren zu spät, man war schon am Abbauen. Lediglich zwei „Anfänger“ versuchten sich auf dem kürzesten Stück aber ihr Geist wollte wohl nicht so richtig…..

Es folgt Shiraz. Leider bei bedecktem Wetter.
Man sollte sich bestens informieren über die Feiertage im Iran. Deren gibt es viele, viele. Sonst steht man da und alles hat geschlossen. Die Rosa Mosche mit ihren herrlichen farbigen Kacheln ist immer ein Highlight eines Shiraz Besuchs. Allerdings eher bei Sonneneinstrahlung durch die Fenster und Voraussetzung wäre auch, dass sie geöffnet hat……

Nun ja.
Das Mausoleum des Sayyed Mir Mohammad hat geöffnet:


Besonders hervorzuheben sei hier das bezaubernde Outfit der weiblichen Touristen aus China. Die bunte Einheits-Tracht könnte nicht vorbildlicher sein, was die Kleiderordnung für Frauen im Iran angeht.

Am heutigen hohen Feiertag begrüßt man den Frühling und jeder Iraner, aber auch jeder, fährt mit  vollgepacktem Auto und Grasbüscheln auf der Motorhaube in die Natur. Um was wohl zu machen? Picknick!

Ein fast schon vergessenes Phänomen hält uns deshalb ab vor der Persepolis-Besichtigung: Stau!

Zum Stehen kommen wir schließlich auf der anderen Talseite am Fuße eines prächtigen Bergmassivs nahe Naqsh-e Rostam. Dabei handelt es sich um vier Felsgräber mit sassanidischen Steinreliefs. Hier sollen angeblich ruhen: Dareios II, Artaxerxes I, Dareios I und Xerxes I. Aber so einig ist man sich da nicht.

Wir jedenfalls, noch äußerst lebendig, parken unweit der Toten vor dem Berghang und setzen uns der sinnflutartigen Bestürmung der iranischen Bevölkerung aus.

Man wäre zwanzigmal eingeladen, den Hungertod stirbt man als Tourist nicht in diesem Land, jedoch nur eine Einladung kann man annehmen.

Wir freuen uns: Die „Murmeltiere“ gesellen sich wieder zu uns:

Des Morgens Unmengen an blökenden Schafherden, die uns passieren.

Die Besitzansprüche werden eindeutig geklärt:

Ach ja. Dann haben wir natürlich noch die Gräber besichtigt:

Der Spuk ist vorbei, die Straßen sind wieder leer, wir besuchen Persepolis.
Durch das Tor des Xerxes hinein in die Kultstätte:

Auch mit „Späßchen“:

Kultur macht müde. Eine kurze Strecke in die Berge hinein gen Westen:

Hier an diesem Ort werden wir Opfer des zweiten „Handy-Klaus“. Nach Ausschlussverfahren erfolgt eine eindeutige Identifizierung des Täters. Das einzige Mädchen, dem wir kurz das Wombat von innen zeigten. Sehr kurz. Sie war flink.
Wir trotteln ins Dorf und diskutieren heftig mit Hilfe unserer Übersetzungs-App. Das Dorf ist in Aufruhr, man lädt uns zum Tee ein und beim Nachhauseweg folgt uns die verstörte Überführte und gibt uns reumütig das Handy zurück. Sie wird wohl nie wieder klauen!
Wir lernen, keine Führungen und Verführungen mehr!
Treten wir etwa in eine neue Phase ein?  Erhaltung statt Verlust…..

Die Einheimischen aus dem Dorf besuchen uns später mit einem Picknick Korb. Es wird ein lustiger Abend mit Safran Tee und viel Gelächter.

Mein erster Morgen seit Reiseantritt mit leicht verschnupfter Nase 😉

Unseren Hunden wird es so langsam langweilig. Alle Herden sind doch tatsächlich bewacht!

Unser nächstes Ziel: Ein Stausee (Tange baragh river)
Achim versucht zunächst einmal wieder seine Grenzen auszuloten. Diesmal in Schrägfahrt. Das kann sich niemand ansehen, ich laufe!

Zum Stehen kommen wir dann allerdings hier, um die Ecke. Nach einer irrsinnigen Schwüle mit Gewittern und nächtlichem Hagel segnet uns der nächste Tag eine herrlich klare Luft.

Das ist die Frühstückskultur der „Murmeltiere“:

Ein Wasserfall namens „Lost paradise“ soll unser nächstes Ziel sein. Wir wissen schon, warum wir touristisch erschlossene Plätze eher meiden. Plastik Fetzen hängen an den Wurzeln im fließenden Wasser. So viel zum Thema „lost“.

Dennoch imposant. Wir laufen durch die Pools:

Und bleiben auf einem naheliegenden Wiesenstück noch einen weiteren Tag stehen.
Ich erfreue mich an einem Wanderkollegen: Martin schultert mit mir den Rucksack und ab geht es bei typischem April Wetter mit den Hunden an der Schlucht entlang.


Auch Achims Kondition wird immer besser.

Allerdings werden unsere leichten, abendlichen Spaziergänge alle zehn Schritte unterbrochen von energischem Auspusten an Luft um einem anaeroben körperlichen Zustand vorzubeugen.


Bevor es weiter geht: Entschlammung am Brunnen. Es gibt sie tatsächlich noch: Echte Kavaliere!

Und das im Iran. Man reißt mir die Wäsche aus der Hand:

Wir fahren nicht wie Jedermann, lassen den bekannten Margoon Wasserfall links liegen und wählen eine schmale Straße Richtung Tange Boragh Wasserfall.
Wir lernen dazu: Die niedlichen, weißen Straßen in der Länderkarte können sich auf vielfältige Weise offenbaren: Als vierspurige Schnellstraße bis hin zu solch einem Matschvergnügen:

Nach der Schlammschlacht erreichen wir die Schlucht zum Boragh Wasserfall. Der Platz sagt uns nicht zu. Es war die beste Idee, eine weitere Runde außenherum zu drehen, oberhalb des gestauten Sees auf den grünen Hügeln stehen zu bleiben und die Schlucht von oben zu erkunden.

Keine Menschen Seele, kein Müll nur die Schafe und wir!

Ein gemeinschaftlicher abendlicher Spaziergang offenbart uns, wo wir hier gelandet sind. Sensationell!

Wir beschließen, einen Tag dran zu hängen und machen uns am nächsten Morgen wieder auf die Socken. Höhenängste überwindend am Grat entlang. Ein Naturschauspiel, das touristisch nicht an die große Glocke gehängt wird.

Typisches April Wetter haben wir. Man sagt, für die Jahreszeit ungewöhnlich nass und kalt.
Man signalisiert die Bereitschaft für eine Wolldecke:

Auf der Weiterfahrt. Das Zagros Gebirge wird immer schöner.

Die Frauen in bunter Tracht statt in schwarzem, allesverhüllendem Stoff.
Landwirtschaftlich geprägte Natur.

Nomaden, die mit ihren Herden und der Natur eins sind.
Und das vertraute Bellen und die Besuche der Hütehunde oder der Wilden in den Abendstunden. Hunger scheint hier keiner zu leiden von ihnen. Also den Hunden.
Wir lernen den Iran von einer anderen Seite kennen.
Und genießen.

Achim und seine Hupe:
Ich glaube, wir haben schon drei an Bord aber es muss eine Neue sein. Eine Laute. Billig im Iran erhältlich.
Drei Stunden in Jasuj haben wir schon gebraucht um endlich unseren aufgeschlitzten Reifenmantel kleben zu lassen. Und dann noch die Hupe.
„Das dauert nur eine halbe Stunde“ sagt Mann. Frau wartet. Und das weitere drei Stunden.
Unermüdlich kraxeln Männer auf dem Wombat herum bis alle Anschlüsse stimmen und dann die Ernüchterung: Zum Wombat würde ja ein tiefes Dröhnen passen dachte ich mir so.

Es rollen sich einem fast die Fußnägel auf vor Schreck. Die Hupe klingt wie Frosch Kermit (wer ihn noch kennt) kurz vor dem Abschlachten. Man erschrickt zu Tode.
Aus der Stadt hinaus erprobt mein Mann freudestrahlend seine Errungenschaft und ich bestehe darauf, vorgewarnt zu sein. Ich hoffe, alle älteren Fußgänger haben das überlebt.

Schließlich erreichen wir am Abend, zusammen mit den „Murmeltieren“ den Dena Nationalpark.
Die weißen Viertausender hinter grünen Wiesen. Noch ziemlich weit unten erholen wir uns erst einmal vom „Hupen-Stress“.

Am nächsten Morgen erwartet uns Kaiserwetter und wir fahren die Serpentinen hinauf.

Mit Martin breche ich kurzentschlossen zu einer Wanderung auf, die eigentlich gar nicht geplant war. Das Frühstück schon lange verdaut, lediglich eine armselige Flasche Wasser und natürlich Hundefutter im Rucksack.

Meine Gedanken sind schließlich bei Tortellini in Sahnesoße und Schwarzwälder Kirschtorte. Alles dabei bis zur Bockwurst. Als ich mir schon überlege, ob man Eicheln essen kann, kommt das Unerwartete: Am Bachlauf ganz weit draußen in der Natur vier Einheimische. Picknick! Und die müssen tatsächlich zu Fuß hierhergekommen sein.
Und diesmal, aber auch wirklich nur diesmal nehmen wir die Einladung an, der Hühnchen Spieß schreit zu verheißungsvoll nach mir. Ich öffne beim Kauen meinen leeren Rucksack und zeige ihn vor, mache eine Mimik wie kurz vor dem Verenden, beiße in das Huhn und zeige imaginäre Bizeps. Man versteht mich voll und ganz und füttert weiter.

Gut gelaunt, gestärkt und ohne Kräfteverfall  wird es eine tolle Wanderung mit atemberaubender Kulisse!

Wombat und Murmeltier-Bau stehen am Berghang vor einer Schranke denn ohne Permit (mal wieder) darf man hier gar nicht rein in den Nationalpark. Ob das auch für das Wandern gilt, da sind wir uns nicht einig…..

Am Abend grillen wir frisch gefangene Forelle und die Füchse heulen um uns herum. Gizmo ist wieder in seinem Element!
Weiter oben gibt es hier auch Braunbären, Leoparden, Wölfe, Wildkatzen, Dachse und anderes Getier. Viel weiter oben, so beruhigt man uns lächelnd.

Da hatten wir ein Glück mit unserer Wanderung mit Kaiserwetter. Am nächsten Tag rollen wir hinunter auf eine Art Alm und begucken uns das Bergmassiv aus einer anderen Perspektive. 
Unter Picknickern.
Es ist Freitag!
Ein Gewitter rollt an und es kühlt ab auf 6 Grad Celsius. Wir sitzen im warmen Wombat und bestaunen die Hartnäckigkeit der iranischen Bevölkerung aus dem Fenster heraus.

Am Abend haben sie alle aufgegeben. Wir genießen die Stimmung nach der Kaltfront:

Brot: Frischer geht nicht!

Am nächsten Platz der Dena von der anderen Seite:

Ich entführe Christina einmal wieder meinen Wanderkollegen:

Von 2000 Höhenmetern auf 800. Von 8 Grad Celsius Außentemperatur zu 30 Grad in der Sonne.
Eine herrliche Strecke von Lordegan Richtung Westen. Zwar schlaglochträchtig, dennoch atemberaubend!

Der Karun schlängelt sich türkisblau hier entlang und wird durch die vielen gigantischen Staudämme mit Wasserkraftwerken an vielen Stellen zum See.

Heizung wird ausgetauscht gegen Ventilator. Eine Affenhitze!

Auch hier Ziegen- und Schafsherden ohne Ende. Man kann förmlich die Sprechblasen über den Köpfen unserer Hunde und den Hütern der Herden lesen.
„Meine!“ „In Ordnung. Deine!“
Alles völlig eeeeentspannt.

Die Straße weiter Richtung Izeh ist landschaftlich sensationell, man muss jedoch aufpassen, dass man sich beim In-der-Nase-Bohren nicht den kleinen Finger bricht. Wir werden durchgeschüttelt vom Feinsten. LKWs rollen hier die Straße krumm und löchrig und dazu kommt noch der uns entgegen kommende „Almauftrieb“. Unendlich viele Schafsherden werden in die Höhen des Gebirges getrieben. Das natürlich auf der Straße.

Die ärmeren Hirten begleiten ihre Tiere zu Fuß.
Die Mittelschicht nimmt das Moped und besitzt Hunde.
Die Reichen lassen ihre Wolltiere auf einen LKW gepfercht hinauf kutschieren.
Ein einziges Chaos.

Unsere festgezurrte Leiter an der Außenseite macht die Flatter. Ein Schlagloch war wohl zu viel. In einem Tunnel fliegt sie von dannen und Achim kann sie zu Fuß gerade noch retten vor dem Wechsel ihres Besitzers. Ein Iraner hatte sich schon gefreut und sie auf sein Autodach geschnallt.

Wir machen Schüttelpause an einem gigantischen Staudamm mit Aussichtspunkt:

Und verbringen des Rest des Tages und die Nacht an dem geschichtsträchtigen Platz Kul Farah, bei Izeh, unter Werken eines Volkes, welches vor über 3000 Jahren hier werkelten. Sechs elamitische Steinreliefs kann man hier bestaunen. Ein offenes Heiligtum, eines der größten Werke dieser Art und wenig besucht. Sogar wir Kulturbanausen empfinden Ehrfurcht.

Ja und Auslauf brauchen wir auch. Wobei alles seine Grenzen hat:

Der Kreislauf von Mensch und Hund wird auf die Probe gestellt. Ein ewiger Rhythmus: Sonnige Kaisertage, Hitze-Tage mit Schwüle, Gewitter mit Hagel, ein Regentag, ein wechselhafter Tag, ein klarer Tag mit Kaiserwetter….. und so fort.
Eine ständige Überraschung weil ohne Netz keine Wettervorheransage.
Dazu kommt, dass wir die Höhen wechseln von knapp über Null bis 2000 und somit auch den Gebrauch zwischen Heizung und Ventilator, Wollschal und Flip Flops.

Eigentlich wollten wir weiter westlich fahren, dort wo die Berge flacher sind. Schließlich scheint es für die Bergwelt um Schar-e Kord noch zu früh zu sein. Vor allem für die Murmeltiere mit kaputter Heizung im Auto. Aber da sitze ich nun im Auto mit meinem Kopftuch, leide schwitzend Höllenqualen mit meinem überhitzten Schädel und frage mich, warum wir schon wieder in der Hitze herum fahren.
Tja, kurzentschlossen initiiere ich Plan B: Statt über die westliche Ebene schlagen wir einen Bogen durch das Bazoft Tal doch hinauf in die Berge um Schar-e Kord. In die angenehm kühle Bergwelt, so dachte ich …….
Todesmutig wagen es die Murmeltiere, sich ohne Heizung im Wagen anzuschließen.

Meinen Geburtstag verbringe ich aber zunächst noch in tieferen Lagen an einem Traumplatz, an einer Schleife des Karun. Bei 30 Grad im Schatten…..
Aber mit Lagerfeuer und Dank Christina einem Geburtstagskuchen.

Oberhalb unseres Platzes macht man die Schleusen auf:

Es folgt ein Tag, den man gerne hat 😉
Es beginnt harmlos mit der morgendlichen schwerwiegenden Entscheidung, ob man diesen herrlichen Platz verlassen oder noch genießen sollte.
Wir rollen schließlich doch los. Nur ein kleines Stück wollen wir zurücklegen…..
Der Reifen hinten rechts hat uns nicht lieb. Fünf Dörfer weiter piepst der Reifendruck-Warner schrill und ich sacke unaufhaltsam langsam nach unten.
Und wieder muss man sie erwähnen: Die gigantische Hilfsbereitschaft im Iran.
Wenn man hier so schräg herum steht am Straßenrand, vergehen kaum Minuten bis Hilfe da ist. Wobei ich schäbiger Weise immer denke, warum hier Keiner was zu tun hat…
Kurz und gut: Man kurbelt mit, wühlt unter dem Wombat herum, organisiert einen Pick up und hievt gemeinschaftlich mit völlig verdreckten Klamotten das Rad-Monstrum auf die Ladefläche um es zur nächsten Werkstatt zu fahren.
Weg sind sie.
Christina und Martin harren mit mir aus um höflich allen anhaltenden Autos zu erklären, das wir bereits Hilfe erhalten haben.
Na, es wird Nachmittag, bis wir weiter kommen. Und manchmal ist es so, dass man fährt und fährt und fährt und fährt und einfach keinen Stellplatz findet, der angemessen für unsere gehobenen Ansprüche wäre.

So oder ähnlich rollen wir dahin, leider bei grauem Himmel:

Endlich, am Abend wählen wir einen Seitenweg, halten und deklarieren diesen Platz als Notlösung.
Tja, unsere „Verlust-Energie“ ist wohl auf die Murmeltiere übergesprungen. Nachdem ein Schafshirte denen vor Tagen schon die Gummidichtung aus dem Fenster heraus puhlte, sind es heute die Wanderschuhe. Mit einer Dreistigkeit um die Ecke gegriffen, aufs Moped gesprungen und ab ging die Post mit der Beute.
Da waren sie wieder: Die schwarzen Schafe unter der sonst so ehrlichen Bevölkerung.
Suchaktion, großes Tumult und die Polizei wurde blöderweise auch noch aufmerksam auf uns. Peinlich berührt waren sie wegen der Sache.
Ende des Tages: Man nötigt uns aufs Freundlichste, zur Sicherheit auf einen Hügel Nähe der Polizeistation eskortiert zu werden. Gar nicht so schlecht der Platz mit Blick auf einen See. So stehen wir mit einer Meute netter iranischer Polizisten lachend da, so kurz vor Mitternacht und singen: „So ein Tag, so wunderschön wie heute….“
Da hören wir ein Zisssssssch. Der rechte hintere Reifen! Achim hechtet mit dem Wagenheber unter das Wombat damit wir die Nacht gerade verbringen können……….
(Das Ventil wurde beim Reifenwechsel beschädigt)

Der nächste Morgen begrüßt uns mit einem Wetterumschwung: Wo war doch meine Daunenjacke? Wieder im Staufach?
Hauptsache in die kühle Bergwelt gefahren!

Die Überraschung: Dank eines nächtlichen Einsatzes der „Soko Iran“ wedelt Martin mit seinen wieder auferstandenen Wanderschuhen. Ich hoffe, dass der arme Dieb seine Hand behalten durfte 😉
Christina gibt Kuchen aus.

Es wird ein feuchter, nächster Tag. Unwetter. Wir harren aus und werden auf königliche Weise versorgt mit frischem Brot, Süßteilchen und Gemüse. Die Polizei Dein Freund und Helfer.

Achim ist den ganzen Tag am Werkeln bezüglich Reifen hinten rechts.
Man hilft uns, unseren Reifen einmal wieder auf einen Pick Up zu laden um den Schlauch wechseln zu lassen.

Aber ich stelle mal wieder fest: An einem Burn-Out wird hier im Iran niemand erkranken!

Werkstatt Alltag im Iran. Einmal wieder 3 Euro 65 für den Weifendienst….

Achim im Matsch am Nachmittag: Ein Outdoor Leben kann ganz schön anstrengend sein!

Es geht schließlich hoch. Ziemlich hoch. Über einen Pass ins Bazoft Tal.
Über Hitze kann ich mich in keinem Fall mehr beklagen. In der Nacht donnern Hagelkörner auf unser Dach.

Das Tal ist ein Traum. Vielmehr: Es muss ein Traum sein. Bei schönem Wetter. Wir durchfahren es im April mit typischem „Wettergekasper“. Ein Jammer.

Unsere Stellplatzsuche….

…. gestaltet sich schwieriger als wir gewohnt sind. Durch die starken Regenfälle ist der Boden so aufgeweicht, da geht es nicht so wie gewohnt, einfach mal in die Seitenwege eingebogen und im Grünen stehen. Der Matsch klebt uns schon fast an den Ohren.
Wir müssen unsere gehobenen Ansprüche wohl herunter schrauben, sollte man meinen……

Das Wetter am nächsten Tag einmal wieder verheißungsvoll. Es geht weiter über die Berge Richtung Chelgerd:

So ein Stellplatz ist doch eigentlich schön, oder?

Aber nein, es muss da in der Nähe noch etwas Besseres geben. Über einen Schotter-Schlamm-Weg geht es auf die Suche! Die Imker beim Vorbeifahren warnen uns noch aber mein Achim und sein Wombat rumpeln weiter. Es ist Ostermontag und die Eiersuche wird wohl übertrieben. So schräg lagen wir noch nie:

„Nicht schon wieder!“:

Drei Minuten später, das Dorf Volk versammelt sich:

Beratschlagung, ein Bulldozer wird telefonisch geordert:

Eine Stunde später, erster Versuch des Bulldozers:

Zwei Stunden später, immense Flurschäden sind zu bezeichnen. Die Polizei ist mittlerweile auch eingetrudelt:

Drei Stunden später, unterm Wombat wird ausgehöhlt:

Mit Erfolg. Ich jodle vor Glück. Das Wombat ist nicht umgekippt!
Und das hinterlassen wir:

Am Ende sind wir hundert Dollar leichter und landen zum Nächtigen vor der Polizeistation in Samsami. Wieder eine Nötigung nur nicht so freundlich. So ganz verstanden haben wir das nicht. Ob der Grund böse Räuber oder wilde Tiere waren?

Egal, wir folgen der Polizei im Konvoi und nächtigen mit Ausblick auf Mülltonnen und Tankstelle.
Das hat man von seinem Stellplatz-Perfektionismus!
Wir machen noch Witze: Wir könnten uns die mühsame Stellplatzsuche sparen und einfach von Polizeistation zu Polizeistation fahren…..

Ein Erwachen mit Grauen: Regen, der in Schnee übergeht. In der Ferne donnert es. Mal was ganz Neues 😉
Trotzdem auf nach Chelgerd. Ein bekanntes Skigebiet hier im Iran.
Es macht ein wenig traurig denn man sieht auf der Strecke tollePlätze zum Verweilen, an Bächen, Seen, an einem Canyon aber leider alle, durch den aufgeweichten Boden nicht befahrbar. Hier bräuchte man einen Panzer.

Chelgerd selbst hat in keiner Weise den Charme eines Skidorfes, so wie wir das kennen. Wie überall hier einstöckige Betonbauten, an denen die verrosteten Eisenstangen für den (geplanten?) zweiten Stock in die Höhe ragen.
Nix wie durch. Noch ein Stück höher Richtung Skigebiet.
Auf 2600 Metern Höhe wird es schmaler. Ich frage mich, was wir hier eigentlich machen… Wer hatte doch die Idee hier hoch zu fahren?

Ob wir vielleicht jahreszeitlich doch zu früh dran sind für diese Region?

Ich steige irgendwann mal aus. Selbst eisiger Wind und Schmelzwasser unter den Pfoten hält Pepe nicht davon ab, mich zu begleiten. Lord Gizmo beguckt uns vom Cockpit aus und verdreht wohl die Augen.
Die Daunenjacke immer noch im Staufach, gehe ich zügigen Schrittes um mal zu gucken, was da noch so kommt.
Und schließlich die unausweichliche Tatsache: Hier geht es nicht mehr weiter!

Die Sonne kommt durch und plötzlich haben wir Kaiserwetter. Die Murmeltiere ohne Heizung treffen jetzt auch ein. Wir beschließen, hier oben zu bleiben.
Der Grund: Keiner hat mehr Lust auf eine Stellplatzsuche 😉

Tja, und hier, an der wohl (hoffentlich) kältesten Stelle im Iran auf der Rückreise beschließen wir, den Blogeintrag zu splitten bevor er Überlänge erreicht.
Das war Teil 1 von Bandar nach Chelgerd bei Schar-e Kord, bewältigt in knapp einem Monat.
Könnte ein Rekord sein im entschleunigten Reisen 😉
Wir kommen wohl zurück zu unserem wahren Naturell. Auch Dank der Murmeltiere. In der Schweiz geht sowieso alles gaaaanz läääääässig.
Außerdem haben wir ja ein Zwei-Monats-Visum …..